Willensfreiheit

Wir müssen an den freien Willen glauben. Wir haben keine andere Wahl.

– Isaac Bashevis Singer

Isaac Bashevis: „We have to believe in free will.“

Im täglichen gesellschaftlichen Leben kommen wir weitgehend mit dem Glauben an den freien Willen klar. Auftretende Ungereimtheiten biegen wir mit Hilfe der Vernunft schon irgendwie zurecht.

Aber manchmal, wenn plötzlich Unerwartetes oder Ungeplantes geschieht oder wenn wir selber einfach mal sehr genau hinsehen, müssen wir erkennen, daß „free will“ nur ein liebgewonnener Glaube ist, eine Annahme, eine Idee.

Aber: „We’ve got no other choice.“ Die Annahme als Notwendigkeit.

Einwand: „Ein wunderbar humorvolles Paradoxon!“

Der Satz des Isaac Bashevis Singer ist nur so lange ein Paradoxon, wie wir auf der (logischen) Ebene bleiben. Sobald wir die Vertikale einbeziehen, verschwindet es.

Um im sozialen Gewusel zurecht zu kommen, brauchen wir die Annahme, daß es so etwas wie den „freien Willen“ gibt und müssen also praktischerweise an seine „Existenz“ glauben.

Auf einer höheren Ebene, auf einer ober- oder überlogischen Ebene, einer Ebene jenseits des logischen Denkens ist klar: Es gibt gar nicht das, was wir den „freien Willen“ nennen.

Auf der einen Ebene muß es ihn geben, ist der Glaube an ihn lebensnotwendig, auf der anderen Ebene wissen wir es besser. Aber das Besserwissen ändert nichts an der Tatsache des Erfordernisses der Idee vom freien Willen.

We have to believe in free will.
We’ve got no other choice.

– Isaac Bashevis Singer –

Wir haben keine andere Möglichkeit, als auf der sozialen (!) Ebene an die Idee, wir hätten so etwas wie einen „freien Willen“, zu glauben – ob es ihn tatsächlich gibt oder nicht.

Es gibt Dinge, die können wir nur „verstehen“, wenn wir die Vertikale einbeziehen. Aber welcher „Intellektuelle“ mag schon seine geliebte Logik als kleiner ansehen, als er sie bisher gedacht hatte?

Einwand: „Glaube ist auf keiner Ebene lebensnotwendig!“

Siehst du doch mal etwas genauer hin, kannst du sehen, daß du täglich hunderten von Glaubenssätzen folgst. Damit sind natürlich keine religiösen Glaubensbekenntnisse gemeint, sondern die vielen Annahmen und Vermutungen, aufgrund derer du den nächsten Schritt tust, den nächsten Handgriff erledigst, die nächste Entscheidung triffst… Das alles macht dein Verstand, ohne daß „du“ gebraucht wirst, ohne daß du die kleine intellektuelle Ecke auch nur aufwecken müßtest.

Wie willst du denn ohne den Glauben an einen freien Willen eine Entscheidung treffen? Eine Entscheidung triffst du auf der Basis der Annahme, daß du einen freien Willen hast. Auch für dich ist der Glaube an die Idee vom freien Willen lebensnotwendig.

Einwand: „Mir ist nicht ein Quantenphysiker bekannt der so blind und anmassend wäre zu behaupten, er hätte die Quantenphysik verstanden.“

Und was willst du damit sagen? Daß du viele Quantenphysiker kennst? Oder daß diese „Physik“ nicht verstehbar ist? Was ein Mensch verstehen kann, ist grundsätzlich vom Menschen verstehbar. Natürlich gibt es Unterschiede in der Fähigkeit des Verstandes, die nicht willentlich (z.B. durch Lernen, Training, Ehrgeiz) wesentlich verändert werden können:

Der eine kann sehr gut Farben sehen, der andere nicht oder nur eingeschränkt. Das gilt auch für räumliches Vorstellungsvermögen, das entweder vorhanden ist oder nicht, für die Fähigkeit, Gesehenes oder Gelerntes effizient zu speichern und zu erinnern oder nicht, für die unterschiedliche Fähigkeit, Mitgefühl empfinden zu können, für die Fähigkeit, Ironie verstehen zu können. Der eine kann gut mit Zahlen und mit Logik, ein anderer Verstand zeigt mehr Fähigkeiten im kreativen Bereich und noch viele andere… grundsätzlich zu unterscheidende Voraussetzungen.

Einwand: „Die Richtigkeit ist nicht bewiesen.“

Du spricht hier auf der Ebene der Logik – ohne die Vertikale einzubeziehen. Etwas Ober- oder Überlogisches kann nicht bewiesen werden, weil das Werkzeug „Beweis“ nur auf der niedrigeren Ebene funktioniert, nämlich auf der der Logik.

Vertikale, Horizontale, freier Wille, Nirmalo,

Etwas ist nicht allein deshalb wahr oder unwahr, weil
es logisch bewiesen oder nicht bewiesen werden kann.

Und wenn du wissen willst, ob du tatsächlich einen freien Willen hast oder ob du das bloß glaubst, kannst du in die Vertikale gehen, auf eine etwas höhere Ebene – oder die Neurologen fragen. Doch das wäre dann schon wieder die niedrige Ebene. Denn deren Aussagen mußt du leider wieder… glauben. 😎

Das Eine oder Andere ist klar ersichtlich. Für Jedermann.


Freier Wille?

In Gesellschaften fungiert die Idee des
freien Willens als ungenanntes Axiom.

Das gesamte Justizwesen z. B. basiert stillschweigend auf diesem Axiom, daß es ihn nämlich grundsätzlich gebe, den freien Willen und jedem gesunden Menschen bewußt sei. Ohne die vorausgesetzte Annahme seiner „Existenz“ ist jedes Sanktions-System hinfällig. Allein der Begriff Schuld setzt den freien Willen voraus. Und der Begriff Sühne „existiert“ erst auf der Basis der Idee von Schuld.

Sühne setzt Schuld voraus.
Schuld setzt Willens-, Entscheidungs- und folgend Handlungsfreiheit voraus.

„Ehrlich gesagt kann ich nicht verstehen, was die Leute meinen, wenn sie von der Freiheit des menschlichen Willens sprechen. Ich habe zum Beispiel das Gefühl, daß ich etwas will; aber welche Beziehung das zur Freiheit hat, kann ich gar nicht begreifen. Ich spüre, daß ich meine Pfeife anzünden will, und ich tue es; aber wie kann ich das mit der Idee der Freiheit verbinden? Was steckt hinter dem Willen, die Pfeife anzuzünden? Ein weiterer Akt des Wollens?“

— Albert Einstein

Der Mensch kann zwar tun was er will,
aber er kann nicht wollen, was er will.

– Arthur Schopenhauer

„Die Leidenschaft, mit der seit zehn Jahren über freien Willen gestritten wird, verdanken wir der Neurobiologie und der Vorstellung, die stets wachsende Kenntnis vom menschlichen Gehirn könnte uns helfen, die Frage nach dem freien Willen zu beantworten. Manche Forscher in Deutschland und auch in den Vereinigten Staaten meinen, dass die neurobiologische Forschung uns mehr und mehr Hinweise dafür liefert, daß der Determinismus (die Vorherbestimmung) wahr ist. Das wäre der größte Witz der Geschichte. All unsere Bemühungen, all unser Moralisieren, unsere Schuldgefühle – alles eine Menge heißer Luft, denn wir hätten sowieso nichts ändern können.“ 

John R. Searle  (Professor für Philosophie an der University of California, Berkeley)

Rumi, Willensfreiheit, Nirmalo,

Heilung

Der Arzt verbindet deine Wunden. Dein innerer Arzt aber wird dich gesunden. Bitte ihn darum, sooft du kannst.

– Paracelsus

Heilung ist
ein uns unbekanntes,
bzw. unverstehbares Phänomen.

Wir können es beobachten, aber nicht begreifen.

Die Menschen – und ebenso die übrigen Lebewesen – sind keine Maschinen. Sie können nicht beliebig amputiert und wieder zusammengefügt werden. Hat sich der Kern oder die Seele oder die Aura (eine Art Energiefeld) des Lebewesens verabschiedet, ist es unwiederbringlich hinüber.

Eine Dampfmaschine können wir dagegen komplett – also bis auf die letzte Schraube – auseinander nehmen.

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Setzen wir sie anschließend wieder zusammen, wird sie wie ehedem… perfekt funktionieren. Im Prinzip können wir das unendlich oft wiederholen.

Wie Heilung geschieht, wissen wir nicht.

Maximal können wir ihren Prozeß ein wenig (!) begünstigen. So wie wir das Wachstum einer Pflanze durch leichte Veränderung der Umstände etwas begünstigen können, ohne daß wir jemals ihr Leben verstehen werden.

Der Körper ist von dieser Welt, doch nicht das Leben.

Zeit

Ernst Bloch, Zeit, Nirmalo,

Gut beobachtet. 😎

Erstens: Ja, in dieser Dimension, in der Frequenz, in der wir uns hier auf dem Planeten Erde befinden ist alles, was vor dem Bewußtsein stattfindet, also alles, was wir „das Geschehen“ nennen, nur durch unsere Sinne erfahrbar.

Zweitens: Sämtliche Sinne funktionieren ausschließlich über Bewegung. In Stillstand, in Bewegungslosigkeit sind sie tot, funktionslos.

Und das nährt die Idee, es gäbe eine fortschreitende Abfolge von zeitlichen Einheiten. Ansonsten (in Wirklichkeit) gibt es sie nicht.

Zeit ist eine Illusion.

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Denke immer daran, daß es nur eine
wichtige Zeit gibt: Heute. Hier. Jetzt.

– Leo Tolstoi

Eine andere Zeit gibt es nicht.
Alles andere sind bloß Ideen.

Aber all diese Vorstellungen von „morgen, übermorgen, gleich, gestern“ haben wir nicht wirklich zur Verfügung: In ihnen können wir nicht leben. Leben können wir nirgends sonst als hier – und zwar jetzt.

Zeit = ist eine Metapher.

Hat man eine Metapher nur oft genug gehört und paßt nicht gut auf, fängt man irgendwann an, ihren Inhalt für wahr zu halten, für real existierend. Dann ist es gar nicht mehr so einfach, zwischen Konstrukt und Realität zu unterscheiden, zumal wir von früh an auf die „Existenz“ der Zeiten (Vergangenheit, Zukunft) konditioniert wurden.

Das kann so weit gehen, daß wir die einzige „Zeit“, die randvoll ist von Realität, nämlich die Gegenwart, für illusionär halten, für ein behelfsmäßiges Brücken-Konstrukt zwischen Vergangenheit und Zukunft, in dem wir Ziele formulieren.

Ziele werden allesamt in die Zukunft projiziert. Dadurch wird scheinbar bedeutend, was es gar nicht gibt: Die Zukunft.

Die lebendige Gegenwart
wird darüber fast vergessen.

Gerd: „Es gibt keine Zeit, Zeit wurde einzig erschaffen um die Logik des Menschen am laufen zu halten.“

Ja, es gibt keine Zeit.

Und nein, Zeit wurde nicht erschaffen. Es gibt sie nicht.
Alles Wahrzunehmende ist in einem Atemzug enthalten.

Die Logik, mit der Idee der „Zeit“ verknüpft, funktioniert nur innerhalb des engen Aktions-Radius des Verstandes. Wesentliches ist dem Verstand und seiner Logik nicht zugänglich.

Gerd: „Einstein beschäftigte sich intensiv mit der Zeit, vergebens, denn er konnte das Wesen der Zeit nicht erkennen.“

Zeit hat kein „Wesen“. Denn es gibt sie gar nicht.

Einstein konnte das nicht sehen. Er beschäftigte sich mit einem Phantom, einer Fata Morgana, einer Illusion.

Das Erste, was die niedere Wissenschaft – die mehr sein will als ein materiell ausgerichtetes Glaubenssystem – leisten muß ist: Realität von Illusion zu unterscheiden.

Daß aber auch das, was wir „Realität“ nennen, ebenfalls bloß eine Illusion ist, können wir als höhere Wissenschaft bezeichnen.

Gerd: „Zeit ist ein Kunstgriff der Natur damit nicht alles gleichzeitig passiert“

Genauer gesagt: Es handelt sich hier
um einen Kunstgriff des Verstandes.

Der Verstand arbeitet (unter anderem) ähnlich einem Magier: Er versteht es, Dinge erscheinen zu lassen, die gar nicht da sind und Dinge verschwinden zu lassen, obwohl sie da sind und sogar unmittelbar mit den Augen gesehen werden (könnten) !

Es ist einzig der Verstand, der uns die Illusion von Zeit beschert.
Und dieser macht das ohne unser bewußtes, absichtliches Zutun.

Ja, es ist unser konditionierter Verstand, der „autonom“ entscheidet, was wir sehen und wahrnehmen und… was nicht.

Daß es keine Zeit gibt und das vermeintliche „Wahrnehmen“ von Zeit eine Illusion ist, daß wir uns hier quasi selber etwas vormachen, das bedeutet aber dennoch nicht, daß die Nutzung von Uhr und Kalender in unserem Erdenleben unnütz wären.

Wir können die Illusionen nutzen ― ohne ihnen aufzusitzen. 

Es gibt zwei Tage im Jahr,
an denen man nichts tun kann.
Der eine ist gestern, der andere morgen.

– Dalai Lama –

KI / Entscheidung

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Einspruch, Nirmalo ! Das ist so nicht ganz zutreffend. 

  • Maschinen können nichts verantworten.

Das ist richtig, aber: 

  • Maschinen können nicht entscheiden, sie müssen entscheiden.

Sie sind so programmiert, daß sie „entscheiden“ und wie sie entscheiden. Sie haben keine Wahl (-Freiheit). Und selbst das ist nicht ganz richtig: Maschinen entscheiden nicht wirklich,

  • Maschinen funktionieren. 

Zwischen dem Impuls, auf den die Maschinen reagieren müssen und der auf den Impuls folgenden Reaktion existiert kein Entscheidungs-Spielraum. Den wir Menschen brauchen, wenn wir zunächst – also vor unserer Reaktion – reflektieren wollen:

Denken braucht Zeit.

Im Gegensatz zum Menschen sind Maschinen unabhängig von Art und Umfang der das Programm bestimmenden Algorithmen  grundsätzlich nicht frei in ihrer Entscheidung. Sie haben keinen (eigenen) Willen. In Allem unterliegen sie dem Willen der (sie programmierenden) Menschen. 

Roboter sind in ihren „Entscheidungen“ nicht einmal annähernd so frei, wie die Pferde vor der Postkutsche.

Genau genommen ist es gar keine Entscheidung,
denn die setzt Freiheit zur Entscheidung voraus.

Betreff der (scheinbar !) autonom agierenden Maschinen kann man also maximal von Schein-Entscheidungen sprechen.

Nirmalo

Es ist Teil unserer Freiheit…, uns
selbst widersprechen zu können.

Verständnis

Verständnis kommt uns durch die Liebe.
– Richard Wagner

Es funktionieren beide Wege:

  • Durch Liebe finden wir zum Verständnis.
  • Durch Verständnis finden wir zur Liebe.

Schon allein die Offenheit…
begünstigt das Verständnis.

Bei der Feindbildung verfahren wir genau anders herum: Hierbei verschließen wir uns und lassen sowohl Liebe als auch Verständnis außen vor. Im Gegenteil: Während der Feindbildung dämonisieren wir den anderen und vergrößern auf diese Weise den vermeintlichen Abstand noch weiter.

 

PS: Bei der Feindbildung befinden wir uns auf der Stufe (2) unserer Geistigen Reife; mit der Erfahrung, die der Richard Wagner gemacht hat, auf der Stufe (6) und (7).

Anfangs…

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Lesen ist wie das Telefonieren, wie das Reden oder das Schreiben… nur ein Vehikel, ein Werkzeug. Es geht um die Vermittlung von Informationen und Botschaften von A nach B.

Das Lesen als solches sagt weder etwas aus über die geistige oder sachliche Qualität des Lesestoffs, noch über die Auffassungsvoraussetzungen oder die Geistige Reife des Lesenden.

Nicht das Lesen an sich ist von Bedeutung, sondern die Qualität
des Transmissionierten in Verbindung mit der, der Rezeption.

Worte

Die Worte sind nur das Äußere der Gedanken. Es ist töricht, wenn man nur das Äußere ansehen wollte und darüber die Gedanken vernachlässigte.

– Lü Bu We

Intellektuelles Begreifen ist nicht identisch mit Erkenntnis.

Sinnlich… begreifen, anfassen
Intellektuell… begreifen, erfassen

Hier paßt der Wort-Sinn als Bild. Wenn mir aber jemand sagt, ich wäre „gestern hackebreit gewesen“, nützen mir weder die Wortbedeutung von „Hacke“ und „breit“, noch helfen mir Herkunft und Geschichte der beiden Wörter (eventuell eine Aspirin). Der elaborierte Code eines Professors für Linguistik wird hier auch nicht gebraucht, denn es gilt allgemein:

Wichtiger als Worte und Begriffe ist die Bereitschaft,
den Sinn des Gesprochenen verstehen zu  WOLLEN !

Hört man die Worte, ohne die Gedanken zu erfassen, so kann man gerade so gut die entgegengesetzten Worte hören, und es kommt auf dasselbe heraus.

– Lü Bu We

Fehlt die Offenheit für den Sinn des Gesagten, nämlich für das Gemeinte, ist das Gespräch sinnlos.

Die Ursachen, die das Begreifen bewirken, sind für den Erkennenden dieselben, wie für den Nichterkennenden. Aber die beiden Menschen unterscheiden sich darin, daß der eine das, was der andere begreifen kann, nicht begreift.

– Lü Bu We

Und daran… läßt sich nichts ändern.

Wir können das Wissen anderer erweitern, aber nicht das Erkenntnisvermögen fördern. Allenfalls können wir möglichst früh die Umstände der geistigen Entfaltung begünstigen, aber…

Freigelegt werden kann nur,
was bereits… vorhanden ist.