Güte

Dōgen, Güte, Nirmalo,

Es gibt Weltverbesserer aus Grundsatz,
die keinen Funken Güte besitzen.

– Oswald Bumke

Dann haben sie sich wohl etwas verrannt. So scheint manchmal die treibende Kraft das Mitgefühl (z.B. mit den „Ausgebeuteten“) zu sein. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich gelegentlich aber, daß die treibende Kraft der Hass (auf die „Ausbeutenden“) ist. Wenn man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben will, ist es nicht verwunderlich, „keinen Funken Güte“ finden zu können.

Einwand: „Worin ist für (den Menschen) die Güte von Nutzen?“

Ja, sie ist uns ein bißchen fremd geworden, die Güte. Vor einigen Jahren konnte man gelegentlich noch von ihr hören: „Ach, du meine Güte!“ Heute fragen manche nur noch nach ihrer Nützlichkeit, nach ihrem wirtschaftlichen Faktor.

Ich hab´s auch nicht so mit dem Begriff – nicht weil sie so wenig bringt, auf dem Markt, die Güte, sondern weil ihm eine Spur von Arroganz anhaftet. Er kommt mir ein bißchen viel „von oben herab“.

Einwand: „Wohlwollen, Nachsicht, Güte, Gutes tun, Gnade üben, Barmherzigkeit…“

Ja, all dem haftet auch der Geruch von Arroganz an. 
In ihrer reinen, also unschuldigen Form ist es Liebe.

Güte = ist eine „auf seine Mitmenschen gerichtete milde, freundliche, von Wohlwollen und Nachsicht bestimmte Gesinnung“.  (Wikipedia)

Güte kommt von „gut“ und ist eine Ausdrucksform der Liebe.

Sei gütig und du siehst ein, daß dein
Urteil über andere…  allzu hart war.

— Laotse

Meine Begriffs-Favoriten in diesem Zusammenhang sind Freundlichkeit und Wohlwollen.


En passant fand ich diese 5-teilige Einübung in Güte…

1. Möge es mir wohl ergehen, möge ich glücklich sein!
Frei von Zorn und Hass,
frei von Rachsucht und Feindschaft,
frei von Kummer und Sorge!
Möge ich frei sein und in Frieden leben!

2. Möge es meinen Freunden und Verwandten wohl ergehen, mögen sie glücklich sein!
Frei von Zorn und Hass,
frei von Rachsucht und Feindschaft,
frei von Kummer und Sorge!
Mögen sie frei sein und in Frieden leben!

3. Möge es mir fern stehenden Menschen wohl ergehen, mögen sie glücklich sein!
Frei von Zorn und Hass,
frei von Rachsucht und Feindschaft,
frei von Kummer und Sorge!
Mögen sie frei sein und in Frieden leben!

4. Möge es meinen Widersachern wohl ergehen, mögen sie glücklich sein!
Frei von Zorn und Hass,
frei von Rachsucht und Feindschaft,
frei von Kummer und Sorge!
Mögen sie frei sein und in Frieden leben!

5. Möge es allen Wesen wohl ergehen, mögen sie glücklich sein!
Frei von Zorn und Hass,
frei von Rachsucht und Feindschaft,
frei von Kummer und Sorge!
Mögen sie alle frei sein und in Frieden leben!


Ergänzendes/Erläuterndes zu den 5 Teilen der Übung. Zitat:

1. Die Entfaltung von Liebe-Güte beginnt mit der Hinwendung zu sich selbst. Man lenkt dabei die Achtsamkeit auf Körper und Geist und denkt mit ganzem Herzen: „Möge es mir wohl ergehen, möge ich glücklich sein! Etc.“

2. Nachdem man ganz von dem Gefühl der Liebe-Güte durchdrungen ist, vergegenwärtigt man sich die Gestalten von Eltern, Lehrern, Kindern, Freunden und Verwandten, wobei man wieder mit ganzem Herzen die vorgenannten guten Wünsche wiederholt und sich bemüht, das Gefühl der Liebe-Güte zu übertragen.

3. Als nächstes richtet man seine Güte-Gedanken auf jene Mitmenschen, die uns nicht nahe stehen und wiederholt die gleichen guten Wünsche.

4. Die Güteübung ist unvollkommen, wenn nicht auch eventuelle Widersacher mit Güte-Gedanken bedacht werden. Die Aufgabe, die eigene Abneigung anderen gegenüber bzw. deren Ablehnung einem selbst gegenüber zu überwinden bzw. zu akzeptieren, ist nicht ganz einfach. Für den weiteren Fortschritt ist diese Konfrontation jedoch unerlässlich. Daher sollte man immer wieder üben, bis man mit ganzem Herzen solchen Menschen alles Gute wünschen kann.

5. Zum Schluss der Übung wendet man sich allen Wesen im Universum zu, um sie mit Gütegedanken zu durchstrahlen, wobei wir wieder mit ganzem Herzen innerlich sagen: „Möge es allen Wesen wohlergehen, mögen sie alle glücklich sein! Etc.


Wichtige Hinweise zur Meditation

1. Die wörtliche Bedeutung von ‘bhāvanā’ ist ‘entwickeln’ oder ‘kultivieren’, wobei es um die Entwicklung von Achtsamkeit und Bewusstseinsklarheit in Bezug auf die eigenen Aktivitäten geht. ‘Bhāvanā’ (Meditation) darf dabei nicht dahingehend missverstanden werden, dass man sich abseits haltend in zielloser Betrachtung verharrt.

2. Achtsamkeit und Bewusstseinsklarheit sollen sich nicht auf eine bestimmte Körperhaltung beschränken. Ob man nun geht, steht, sitzt, liegt oder irgendetwas anderes tut, man sollte dabei immer achtsam und bewusst das beobachten, beziehungsweise sich in das einspüren, was man gerade tut.

3. Wenn Sie vorhaben, an einer intensiven und zeitlich begrenzten Meditation teilzunehmen oder alleine zu meditieren, sollten Sie in einer die Meditation fördernden Haltung (z.B. mit gekreuzten Beinen und aufrechtem Rücken) an einem abgeschiedenen Ort sitzen, und zwar ganz locker und ohne Unbehagen.

4. Wenn Sie Ihre Meditationshaltung eingenommen haben, lenken Sie bei geschlossenen Augen Ihre Achtsamkeit auf Ihre Nasenspitze oder Bauchdecke, also dorthin, wo durch den ein- und ausströmenden Atem eine Empfindung wahrnehmbar ist. Es ist natürlich keine unumstößliche Regel, die vorgenannten Objekte zu betrachten; es können auch andere geistige oder körperliche Objekte beobachtet werden. In jedem Falle ist aber eine lockere Hinwendung auf das gewählte Objekt notwendig.

5. Es ist sehr förderlich, wenn Sie als Vorbereitung für die oben genannte Meditation (Atembetrachtung) für ungefähr 15 Minuten allumfassende Liebe-Güte entwickeln und üben. Der nächste bedeutende Schritt im meditativen Bereich besteht darin, den eigenen Geist auf Gedankentätigkeit hin zu prüfen, beziehungsweise das Hin- und Herschweifen des Geistes zu überwachen. Letzteres können Sie leicht durch die fortgesetzte Hinwendung der Achtsamkeit auf das Ein- und Ausatmen erreichen, wobei die Nasenspitze als Atemtor betrachtet werden kann.

6. Wann immer Ihre Aufmerksamkeit vom Hauptobjekt (z.B. Nasenspitze) wegwandert, mögen verschiedenartige und fremdartige Gedanken auftauchen, welchen Sie nur so weit nachgehen sollten, als dass Sie sie kurz registrieren, um sich danach wieder dem Ein- und Ausatmen zuzuwenden.

7. Die vorgenannten Gedanken mögen mit Ihrer Vergangenheit oder mit Ihrer Zukunft zusammenhängen. Was immer sie jedoch beinhalten mögen, Sie dürfen ihnen auf keinen Fall erlauben, Ihren Geist zu beherrschen. Versuchen Sie deshalb weiterhin, Ihre Aufmerksamkeit auf den Atemvorgang gerichtet zu halten Sie können dabei alles andere vergessen.

8. Achten Sie bitte nur auf Ihre gegenwärtigen Aktivitäten und geben Sie Ihren Gedanken keinen Spielraum, in die Vergangenheit oder Zukunft zuwandern. Achtsamkeit, Erkenntnisfähigkeit, Fleiß und Ernsthaftigkeit sind die wichtigsten Eigenschaften des zu wirklicher Sammlung geneigten Geistes.

9. Selbst für einen kurzen Moment lassen Sie sich bitte nicht von Ihrer Aufmerksamkeit trennen, für die Sie nicht viel Energie benötigen, wenn Sie achtsam und bewusst handeln.

10. Folgen Sie bitte den detaillierten Anweisungen in meinem Vortrag, wann immer Sie Ihre Körperhaltung ändern, wenn Sie z.B. der Sitzübung eine Gehübung folgen lassen. Erinnern Sie sich daran, dass Sie achtsam und wach Ihre geistigen und körperlichen Aktionen und Reaktionen beobachten wollen.

11. Während des Tagesgeschehens sind Sie immer dann meditativ, wenn Sie Ihre jeweiligen Aktivitäten zur rechten Zeit zum Objekt Ihrer Meditation machen.

12. Seien Sie ehrlich zu sich selbst und verhelfen Sie sich dadurch – mehr noch, als Sie andere Menschen damit erfreuen zu dauerhaftem Glück.

13. Beziehen Sie alle Aktivitäten während der Tagesroutine so gut es eben geht in Ihre meditative Betrachtung ein und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit während der Intensivübung hauptsächlich auf einen Gegenstand, wie das Ein- und Ausatmen, und versuchen Sie sich dabei von allen anderen Vorgängen zu lösen.

14. Zusammenfassend sei gesagt, dass, wenn Sie einen Tag in ernster Meditation verbringen wollen, Sie Ihre gefühlsmäßige Beziehung zur Außenwelt aufgeben müssen, da diese ein Hindernis für jeden echten Erfolg darstellt.“ (Quelle)

Sabbe sattā bhavantu sukhitattā!
Mögen alle Wesen glücklich sein!

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Eine durchaus anspruchsvolle Übung – besonders der 4. Teil. Ich selber mache es gelegentlich so: Bei geschlossenen Augen falte ich innerlich die Hände zur Geste Namasté mit der Bedeutung:  „Das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in dir“. 🙏
Dabei blicke ich den betreffenden Menschen an und warte einfach (ohne etwas zu denken), bis ich sehen kann, daß er diese Geste auch in meine Richtung macht.

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Meister Eckhart, Güte, Nirmalo,

Menschenwürde

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Die Würde des Menschen ist unantastbar.
Sie zu achten und zu schützen
ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

~ Artikel 1.1 Grundgesetz ~

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Die menschliche Würde ist von nichts abhängig. Sie ist un-abhängig von

  • Hautfarbe,
  • nationaler Zugehörigkeit,
  • der Art der Tätigkeiten,
  • Einkommen,
  • Geschlecht,
  • sexuellen Neigungen,
  • gesundheitlicher Verfassung,
  • Ansehen,
  • Zustand des Kontos,
  • der Art zu denken,
  • Gesinnung
  • der Seite eines möglichen Kriegsgrabens,
  • religiöser Zuneigung,
  • zurückliegenden und zukünftigen Handlungen,
  • geistigen und handwerklichen Fähigkeiten.

Die Würde des Menschen ist bedingungslos.


Würde

Nicht das Zeitliche, sondern das Ewige
…bestimmt die Würde des Menschen.

― Jean Paul

Frage: „Wie begründet sich die Menschenwürde?“

Gar nicht.

Die Würde des Menschen…
bedarf keiner Begründung.

Die niederen Werte begründen sich meist über ihre Nützlichkeit. Die höheren Werte… bedürfen keiner Begründung.

Begründung ist ein
Element der Logik.

Die Würde des Menschen, des Tieres,
der Natur ist größer als unsere Logik.

Es bedarf aber einer gewissen Geistigen Reife, um würdigen zu können und um Würde überhaupt erkennen zu können.

Nichts ist quälender als die Kränkung menschlicher
Würde – nichts erniedrigender als die Knechtschaft.

― Marcus Tullius Cicero   (Quelle: Leo Tolstoi, Für alle Tage. Ein Lebensbuch)

Was „gekränkt“ oder „erniedrigt“ werden kann, Marcus Tullius oder Lew Nikolajewitsch, ist nicht die Würde, sondern das Ego.

Die Würde hat es nicht mit dem Ego
und das Ego weiß nichts von Würde.

Pilatus konnte sie sehen, die Würde, als Jesus geschunden vor ihm stand, und gedemütigt.

Einwand: „Die christliche Sicht … Es gibt auch humanistische Begründungen der Menschenwürde.“

Die Würde ist nicht eine Sache einer
Religion oder einer Weltanschauung.

Würdigung ist kein Verhalten.

Und niemand muß erst eine Bibliothek oder einen Tempel betreten, um würdigen zu können.

Würdigung ist kein Tun,
also nicht antrainierbar.

Verhalten ist trainierbar – Würdigung nicht.

Einwand: „Ob man einer Sache eine Würde und einen Wert beimisst, hat natürlich schon etwas mit Erziehung und Sozialisation zu tun.“

Wert und Würde sind zweierlei.

Werte messen wir Dingen unter dem Aspekt der Nützlichkeit bei. Werte verleihen wir den Dingen auf der Horizontalen.

Im Feld dessen was wir Würde nennen, befinden wir uns in der Vertikalen. Beispiel:

Wenn wir uns beim Anblick eines Kalbes vorstellen, was es als Ganzes auf dem Markt wohl bringen wird, oder der Nacken, das Schulterstück, usw, befinden wir uns auf der HORIZONTALEN: Wir bewerten seine einzelnen Körper-Teile auf der gesellschaftlichen Ebene unter verschiedenen Gesichtspunkten der Nützlichkeit (Geld, Geschmack, Aufwand usw…).

Befinden wir uns aber in der Schwingung der Liebe, des Mitgefühls, der Würdigung, der Achtung, des Respekts, der Achtsamkeit, der Ehrfurcht, haben wir die Ebene der Waren-Einschätzung verlassen. Wir öffnen uns der VERTIKALEN.

Es gibt eine Anekdote aus dem Leben Jesu, wo er dies klar unterscheidet: Mit aufweckenden Peitschenschlägen weist er auf die erforderliche Trennung von Tempel und Marktplatz hin.

Der Marktplatz ist ok, aber in den Kirchen
müssen wir ihn komplett draußen lassen!

Einwand: „Der Mensch besitzt Menschenwürde, weil Gott sie ihm zuspricht.“

Die Menschenwürde wird uns von niemandem zugesprochen. Gott ist keine Person.

„Der Mensch HIER bekommt von Gott DORT etwas zugesprochen“? Das ist eine eher kindliche Idee. Gott ist kein Gegenüber.

Das Göttliche ist überall.
Oder kennst du auch nur eine einzige Stelle…

Der Mensch hat seine Würde ohne jeden Grund.

Der Mensch mag tun und leiden,
was es auch sei,
er besitzt immer und unveräußerlich
die göttliche Würde.

~ Christian Morgenstern ~

Nur, daß die Würde selbstverständlich nicht zu den vermeintlichen Besitztümern gehört!

Besitz läßt sich rauben ― die Würde nicht.


Recht auf Leben

Martin Luther King, Nirmalo,

Deinem Statement muß widersprochen werden, Martin. Nicht jeder Mensch mag ständig auf des Messers Schneide leben. Und  dennoch „verdient“ es jeder Mensch, zu leben; ganz egal, wie er sein Leben gestalten möchte!

JEDER Mensch hat das
bedingungslose Recht, zu leben und
muß dies mit absolut gar nichts rechtfertigen!

Und NIEMAND muß sich sein Recht auf Leben erst „verdienen“.

Ob bekannt oder unbekannt, faul oder fleißig, Krieger oder Friedliebender, Schwarzer oder Weißer, Held oder Feigling, Revolutionär oder Spießer, Rechtsbrecher oder angepaßt, laut oder leise…

Jeder hat das Recht auf Leben, einfach weil es ihn gibt!

Für alle diese – und für alle anderen –
gilt die Würde des Menschen. Ungeteilt.

Du zählst, weil du du bist.
Und du wirst bis zum letzten
Augenblick deines Lebens
eine Bedeutung haben.

~ Cicely Saunders ~


Daseinsberechtigung

Spinoza, Nirmalo,

Mehr Beweis bedarf es nicht, mehr an „Rechtfertigung“ wird nicht gebraucht. Ohne weiteres „wenn“ und ohne jedes weitere „aber“:

Die Existenzberechtigung braucht nicht
erworben und nicht begründet zu werden.

🌿

Auf der Erde vorgefunden haben wir Menschen:

Reichhaltige Flora und Fauna, gesunden
Boden, sauberes Wasser und frische Luft.

Wenn wir gehen, sollten wir zurück-
lassen, was wir vorgefunden hatten.

Heilung statt Opfertum

Heilung, Opfer, Jauch, Kor,
ARD-Sendung: „Günther Jauch“ am 26.4.2015 – In blau: Eva Mozes Kor

Eva Mozes Kor hatte dem früheren SS-Mann Oskar Gröning bei einem persönlichen Treffen gesagt, dass sie ihm vergeben hat. Sie trat im Jahr 2015 in Lüneburg als Nebenklägerin auf.

Ich habe den Nazis vergeben.“

„Man muss miteinander sprechen.“, sagte sie, wir seien schließlich alle Menschen. Außerdem dürften die Opfer nicht in ihrer Opferrolle bestärkt werden:

Die Opfer müssen geheilt werden, damit sie keine neuen Täter werden.“

Kor, Gröning,
Links: Eva Mozes Kor (vorne mit ihrer Zwillingsschwester) Rechts: Oskar Gröning – 1944 in Auschwitz

Der frühere SS-Unterscharführer und „Buchhalter von Auschwitz“, der zur Zeit des Verfahrens 93-jährige Oskar Gröning, der an der Bahnrampe des Vernichtungslagers die Wertsachen von Hunderttausenden Juden eingesammelt hatte, wurde der Beihilfe zum Mord in 300 000 Fällen beschuldigt.

Eva Mozes Kor war zehn Jahre alt, als sie 1944 mit ihrer Familie nach Auschwitz deportiert wurde. Sie und ihre Zwillingsschwester gerieten in die Hände des KZ-Arztes Josef Mengele, der medizinische Experimente an den Mädchen durchführte. Ihre Eltern und ihre älteren Schwestern starben in den Gaskammern. Sie selbst hatte die Spritze des Arztes überlebt, weiß aber bis heute nicht, was man ihr antat, ihr injizierte hatte, welche Experimente an ihr durchgeführt wurden. Darauf bezugnehmend sagte sie:

„Ich lebe und verschwende nicht meine Energie für Angst. Ich hoffe, ich lebe noch 30 Jahre und kann am 100. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz dabei sein.“

Die Akten über die Versuche des Arztes seien verschwunden, so Mozes Kor. Ihr Appell an die Zuschauer, Hinweise über die Akten weiterzutragen war auch ein Hinweis, dass es hier weniger um Schuld, sondern viel mehr um Aufklärung gehen sollte.

„Eines möchte ich jedoch wissen: Mengeles Akten sind verschwunden. Ich weiß seit 70 Jahre immer noch nicht, was man uns injizierte. Und hätte ich es gewusst, wäre meine Schwester vermutlich noch am Leben. Wenn jemand irgend etwas über die Akten weiß, soll er sich bitte bei Günther Jauch melden.“

Vergebung und Heilung sind wichtig.“

„Wenn wir eine bessere Welt wollen, müssen wir aufhören anzuklagen und miteinander sprechen. Deshalb bin ich zu Gröning hingegangen und habe gesagt, dass ich ihn akzeptiere und respektiere und dass er sich jetzt vor Gericht verantworten muss.“

Eva Mozes Kor sagte: „Es interessiert mich nicht, einen alten Mann ins Gefängnis zu bringen.“

Selbst wenn jeder Nazi gehängt werden würde, ihr Leben wäre immer noch das selbe, sagt sie. Als Überlebende dieser  schrecklicher Experimente habe sie den selben Preis zu zahlen; das helfe ihr nicht.

Wir müssen mit dem Anklagen aufhören.“

Gröning solle nicht ins Gefängnis. Er solle in die Schulen gehen und dort erzählen, was damals passiert ist – auch dies helfe gegen die heutigen Neonazis. Den Opfern glaube man ja nicht, die neuen Nazis behaupteten, das alles wäre erfunden. Aber wenn die alten Nazis darüber sprächen, das mache einen Unterschied.

„Deshalb möchte ich appellieren an alle Nazis, die in Deutschland und auf der Welt noch am Leben sind. Schreibt eine Erklärung und gebt sie an die Presse. Legt Zeugnis ab, für das was geschehen ist. Denn die neuen Neonazis machen sich keine Gedanken über uns Überlebende.“

Kor, Gröning,
Eva Mozes Kor und Oskar Gröning — 2015 in Lüneburg

Auch die heutige Gesellschaft kritisierte sie, es werde immer nur das Opfertum gepflegt: „Ach, du armes Seelchen“.

„Ich bin kein Opfer“, widerspricht sie auch dem Günther Jauch vehement, „ich bin eine Überlebende. Ich weigere mich, Opfer zu sein!“ Und ergänzt:

Es ist nichts Glorreiches, Opfer zu sein.“

Zum Schluß der Sendung resümiert Frau Kor:Vergebung und Heilung hat hier auf diesem Podium – außer mir – niemand akzeptiert.“

– – – – – – – – –

Die Beteiligten an dieser kleinen Gesprächsrunde schienen mir bezüglich des Ansinnens der Frau Kor überfordert gewesen zu sein. Es war keine Offenheit ihr gegenüber zu spüren. Ihre Geste ist uns wohl einfach zu neu, noch zu fremd.

Wir kleben immer noch zu sehr an der kindischen (2) Idee der Schuld. Wir sind es gewohnt, in Opfer und Täter zu spalten und die Jurisprudenz unterstützt uns dabei.

Eine etwas reifere Gesellschaft wird, zusammen mit einer Frau Kor, im Erwachsenen-Stadium (4) die Versöhnung bevorzugen.

– – – – – – – – –

Ob der Sinn der Aufforderung eines Jesus von Nazareth:
Liebe deinen Nächsten wie dich selbst (außer von Frau Kor) wohl jemals verstanden wird?

„Ihr habt gehört, dass es im Gesetz von Mose heißt: `Liebe deinen Nächsten´ und hasse deinen Feind. Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf daß ihr Kinder seid eures Vater im Himmel; denn er läßt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ (Mt 5:43-45)

Raum

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Weil du die Augen offen hast, glaubst du, du siehst.

– Johann Wolfgang von Goethe

Täuschung, die wir
uns selbst erlauben.

Bezüglich Wahrnehmung haben wir das Sehvermögen an die erste Stelle gesetzt. Gemeinhin glauben wir: „Die Dinge sind exakt so, wie wir sie sehen.“

Frage: Warum bzw. wann glauben wir, etwas zu sehen?

In der von uns so genannten Realität nehmen wir Dinge wahr – aber nicht so, wie sie sind. Da muß erst einiges zusammen kommen…

Voraussetzungen für Sichtbarkeit sind…

◾ das Seh-Organ
◾ die Idee vom Raum
◾ von Dingen reflektiertes Licht
◾ die Frequenz der vermeintlichen Objekte
◾ die Interpretationen des funktionalen Verstandes

Ohne (mindestens !) diese 5 Voraussetzungen können wir in dieser Dimension, die wir Erdenleben nennen, nichts sehen, sind wir einfach blind.

Raum = ist (bzw. nennen wir) die Leere zwischen den Objekten,
oder das, was übrig bleibt, wenn ALLES (!) Materielle entfernt ist.

Die Idee RAUM setzt Begrenzung voraus.

Frage: „Warum ist es im absolut leeren Raum (ohne Wände!) stockfinster, obwohl die Sonne scheint?“

Meist sind wir uns nicht bewußt, daß das, was wir „hell und licht“ nennen, nur Reflektierungen sind. Das bedeutet:

Keine Objekte =
keine Helligkeit

Die Helligkeit entsteht nicht über das Licht selbst, sondern über die Reflektierungen des Lichtes an den Oberflächen der Objekte.

Sind die gegeben, sprechen wir von einem „hellen Raum“.

Damit der funktionale Verstand – über die Informationen des Seh-Organs – einen „hellen Raum“ ausmachen (interpretieren) kann, braucht es nicht nur das Sonnenlicht, sondern zweitens (scheinbar existierende) Objekte. In Wirklichkeit ist der Raum zwischen uns und den Objekten jedoch „dunkel“, bzw. unsichtbar.

Kein Objekt vorhanden heißt: Völlige Dunkelheit – trotz Lichtquelle.

Die Reflektionen der Objekt-Oberflächen gaukeln
uns vor, es handele sich um einen „hellen Raum“.

Täuschung, wohin man schaut.

Einen „gestauchten Raum“ oder einen „expandierenden Raum“, von denen einige Leute der Wissenschaft gelegentlich sprechen, kann es gar nicht geben, da kein Raum als solcher existiert.

Raum = ist kein Objekt, mit dem man irgendwie verfahren kann, sondern bloß eine unbewußt (also „automatisch“) funktionierende Annahme.

Die Idee von „Raum“ ist in unserm Erdenleben nützlich, aber nicht wahr. Sie wird von nahezu allen Menschen geteilt, denn wir müssen nichts für sie tun. Vermeintlich Selbstverständliches… wird nicht in Frage gestellt.

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In einer weiteren Perspektive zeigt sich, daß nicht nur der Raum als solcher, sondern auch die vermeintlich „materiellen Objekte“ ebenfalls nur eine Illusion sind.

Es ist die spezielle Frequenz, die Schwingung, die uns die Objekte als „materiell“ erscheinen und fühlen lassen.

Die Ausstellung „Körperwelten“ zeigt uns nicht die Wirklichkeit des Menschen, sondern nur eine weitere Schicht der Illusion, die wir „Realität“ nennen.

Die Wirklichkeit ist paradox –
und keinesfalls logisch-linear.

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Interpretation

Was die Objekte angeht… Wie sie in Wirklichkeit beschaffen sind, wird man nicht sagen können, aber eines läßt sich klar sagen: Sie sind nicht so, wie wir sie sehen.

Und kein Objekt kann von den 7,8 Milliarden menschlichen Augenpaaren auf die selbe Weise gesehen werden. (Von den vielen nicht menschlichen Augenpaaren mal ganz abgesehen)

Wir sehen die Objekte nicht wie sie sind,
sondern wir sehen unsere Interpretation.

Genauer: Die Objekte erscheinen uns so, wie sie der funktionale Part des Verstandes vollautomatisch interpretiert.

Vollautomatisch heißt hier: Dazu werden
✵ weder Bewußtheit,
✵ noch der intellektuelle Teil des Verstandes,
✵ noch eine Absicht gebraucht.

Hier, in dieser Frequenz nehmen wir Objekte wahr, die es so nicht wirklich gibt. Diese Objekte sind aber die Voraussetzung dafür, daß uns der funktionale Verstand die Idee von Raum suggeriert.

Ohne das Vorhandensein von Objekten wird diese Idee (RAUM) gar nicht gebraucht.

Keine Objekte = kein Raum.

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Bewegung

Zweitens wird die Bewegung gebraucht, um in der physischen Welt überhaupt etwas wahrnehmen zu können. Unsere körperlichen Sinne sind auf Bewegung angewiesen.

Gerd: „das Bewusstsein … muss ja erst einmal den Raum dafür erschaffen das überhaupt Zeit entstehen kann, durch Bewegung“

Unsere menschliche Art der (äußeren) Wahrnehmung ist auf Bewegung angewiesen.

Es betrifft alle unsere Sinne:

Ohne Bewegung gibt es kein
(!) sinnliches Wahrnehmen.

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Zeit

Und bewegen sich Objekte gegeneinander, bzw. in Bezug auf den Beobachter, „entsteht“ erst das, was wir Zeit nennen. Es gibt sie nicht wirklich, aber der Verstand kann nicht anders, als Zeit zu „imaginieren“, sobald er Bewegung interpretiert.

Keine Bewegung = keine Zeit.

Zeit  📌

Örtlichkeit

Einen Ort (locus) oder Standpunkt gibt es letztlich ebenfalls nicht.

Einen Ort imaginieren wir dann, wenn wir mindestens ein Objekt im ebenfalls nicht existierenden Raum ausmachen können. Ohne eine Referenz gibt es keinen Ort, gibt es keine Stelle.

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Raum, Zeit & Wirklichkeit

Da ist nicht Zeit, noch Raum, kein vor und nach. Alles ist gegenwärtig umschlossen in einem Jetzt, in dem tausend Jahre so kurz sind wie ein Augenblick.

– Meister Eckhart

Raum ist eine Art AXIOM: Er wird als wahr angenommen, ohne wahr zu sein.

RAUM ist nicht wirklich.
✿ Raum ist ein kognitiver Hilfsbegriff.
✿ Der Begriff Raum weist auf Begrenzung.
✿ Raum „an sich“ ist nichtexistent und unvorstellbar.
✿ Der Begriff Raum existiert NUR in Verbindung mit Objekten.

Kein Objekt => kein „Raum“.

Die Illusion von Raum entsteht erst durch die Vorstellbarkeit objekthafter Begrenzung (z.B. Wände) oder als Distanz zwischen vermeintlich einzeln existierender Objekte (z.B. Galaxien).

Bewegt sich ein Objekt gegen ein anderes, entsteht die
Illusion von ZEIT, die es „an sich“ ebenfalls nicht gibt.

Gerd: „Der Raum ist eine notwendige Vorstellung, a priori die allen äusseren Anschauungen zum Grunde liegt.“

Raum ist eine axiomatische Vorstellung.

Gerd: „Man kann sich niemals eine Vorstellung davon machen, dass kein Raum sei, ob man sich gleich wohl denken kann, dass keine Gegenstände darin angetroffen werden.“

Man kann sich einen leeren Raum nur dann und deshalb vorstellen, weil oder wenn er durch Objekte, zum Beispiel Wände, begrenzt ist. Aber auch dann sehen wir keinen „Raum“, sondern „seine“ Begrenzung. Den Raum nehmen wir an, den setzen wir unbewußt voraus.

Raum ist ein Hilfs-Axiom in unserer 3D-gedachten Welt.

Die Idee von Raum ist an
das Materielle gebunden.

Wobei das Materielle ebenfalls nur eine nützliche Idee ist und nicht Wirklichkeit.

Osho: „Träume, die sich um sich selber drehen.“

Der Menschenverstand bildet diese Ideen von Raum & Zeit genau so selbständig, wie er hier – obwohl die Grafik (digital) nur drei eingekerbte schwarze Kreise zeigt – ein weißes Dreieck bildet…

Weißes Dreieck

…ohne unser intellektuelles Zutun, ohne unsere Absicht und ohne unser Wissen und: Wir können es nicht einmal verhindern.

Die Dinge sind nicht so, wie wir glauben… sie zu sehen.

Die Dinge erscheinen uns,
wie wir sie interpretieren.

Was bleibt, wenn sich alles das, was wir Realität nennen, in Wirklichkeit als Imagination erweist?

Liebe ist das Einzige im Leben,
was Substanz hat.
Alles andere ist Illusion.

― Osho ―

Vergänglichkeit

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Christo´s „The Floating Piers“ auf dem Lago d’Iseo, 2016

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Ich besitze das Werk nicht, niemand besitzt es.
Es ist wie unser Leben – es geht vorbei.
Es existiert nur im Hier und Jetzt.

Christo

„Die Vergänglichkeit ist ein wichtiger Teil meiner Vorstellung von Kunst, denn die Zerstörung ist eingeplant; sie ist ein Teil der Ästhetik meiner Kunstwerke auf Zeit.“

„Das Element, das am stärksten die Vergänglichkeit des Projektes vermittelt, ist der Stoff, den ich bei allen meinen Vorhaben verwende; er verdeutlicht die Zerbrechlichkeit und Verletzbarkeit der Dinge.

Ich gebe zu, für unsere materialistische Gesellschaft sind die Projekte ohne Sinn.

Sie sind ein paar Tage da, man kann sie sehen
oder nicht, und dann verschwinden sie wieder.

Die Installation dauert nur kurze Zeit, die Transformation des Ortes geht schnell vorüber; der Urzustand eines Stücks Landschaft ist rasch wiederhergestellt.

Doch um die Transformation möglich zu machen, bedarf es eines Heeres von Ingenieuren, Mathematikern, Technikern und Hilfskräften, denn nichts wird der Improvisation überlassen, alles wird bis ins Detail geplant.

Durch diese Eigenfinanzierung bin ich ein völlig unabhängiger Künstler und der einzige Künstler der Welt, der seine Arbeiten selbst bezahlt! Ich lebe wirklich in der totalen künstlerischen Freiheit. Ich kann sagen, daß ich nur das mache, was ich will, wo, wann und wie ich will.“ (1990)

„The Floating Piers… ist ein sehr physisches Projekt. Das ist keine Malerei, keine Skulptur, man muss dahin gehen, das heißt: laufen. Das ist physisch, nicht virtuell.“ 

― Christo

Kunst = ist, mit Herzblut – also mit konzentrierter Aufmerksamkeit und voller Energie – etwas komplett Unsinniges zu schaffen.

Unsinniges… im Sinne von nutzlos/unnütz, wertlos und überflüssig im Sinne von entbehrlich.

Treue

Wer sich selbst treu bleiben will,
kann nicht immer anderen treu bleiben.

― Christian Morgenstern

Treue = ist reine Abstraktion: Eine willkürliche, eine erdachte Hilfskonstruktion ohne Realität. Die IDEE von „Treue“ basiert auf der Erwartung einer Funktion, einer Nützlichkeit. Sie setzt einen gemeinsamen und unerschütterlichen Glauben an die vermeintliche Notwendigkeit der Selbst-Bindung durch Verpflichtung voraus.

Als Teil der Moral ist sie ein Versprechen, sich dauerhaft zu unter-stützendem Verhalten in Bezug auf jemand anderen gebunden zu sehen; auch dann noch, wenn die Beziehung oder das emotionale Verhältnis eindeutig unstimmig ist. Die Treue endet mit dem Tode oder einer einseitigen Aufkündigung, dem sogenannten Treuebruch.

TREUE… ist die unausgesprochene Zusage, ist das Versprechen, auf den natürlichen Freiheitsdrang, auf die eigene Reife, auf die Einsicht, auf die Empfindungen, selbst auf Intelligenz, Weisheit und Wahrheit keine Rücksicht zu nehmen.

Eine Ent-Bindung von der Treue (z.B. aufgrund
von Erkenntnis oder Reife) ist nicht vorgesehen.

Auf der Skala der Geistigen Reife entspricht der Wunsch nach Treue dem Stand des Kleinkindes (2). Er entspringt dem Bedürfnis nach Beständigkeit dem status quo, nach Sicherheit.

Letztlich entspringt der Wunsch nach Treue der tiefer liegenden Angst.

Der reife Mensch…
geht mit der Liebe.

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Treue-Schwur

Kein Mensch der Welt übertrifft die Germanen an Treue.

– Publius Cornelius Tacitus

A – Freiwillige… Treue auf der Basis von Selbstverpflichtung
B – Geforderte… Treue unter Androhung von Konsequenzen

Die Konstruktion TREUE wird benutzt, wenn ein Zusammenhalt gesucht/gebraucht wird, der auf anderem Wege nicht erreicht werden kann. Wir kennen die Treue zum Unternehmen, zum Vater-Land und… zur Fahne. Vor zwei Generationen spielte die Treue zum Führer eine Hauptrolle.

Treu bis in den Tod.

Ein Schneidermeister (Jahrgang 1905) sagte mir mal: „So sehr ich auch gegen das (Hitler-) Regime eingestellt war, aber ich hätte niemals die Hacken zur Front gedreht.“  Nur diese Stärke der Funktion solcher Art Treue kann die bekannten Ausdehnungen in den ersten und das Durchhalte-Vermögen in den letzten Kriegs-Jahren erklären.

Schwur und Treue gehören zur selben Begriffs-Familie. Sie passen zusammen und belegen die selbe Stufe der Reife (2).

In militärischen, aber auch in anderen Konstellationen (Beispiel Mafia) wird die Treue nicht nur angeboten, sondern auch gefordert: Die Untreue wurde und wird nicht selten mit dem Tode bestraft!

Drohung bei Untreue ist ein Indiz…
für das Scheitern der Idee der Treue.

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Beziehungs-Treue

Erwarte Treue von den Nachtigallen nicht,
die jeden Augenblick auf andern Rosen singen.

― Saadi

Bis vor kurzem hat die sexuelle Treue noch eine sehr bedeutende Rolle gespielt. In einigen Beziehungen, vor allem jüngerer Leute, sorgt der Begriff auch heute für viel Konflikt und spannende Dramen.

Bewußtheit, Liebe, Eigenständigkeit und Reife bilden das Ende der „Treue“. In ihrem Licht kann sich die auf Unbewußtheit basierende Idee nicht halten.

Auf den ersten Blick hin könnte man annehmen, Treue hätte etwas mit Liebe zu tun. Dem ist aber nicht so, denn:

Die Treue ist ein Sproß der Angst, nicht einer der Liebe.

Es gibt die echte Liebe,
aber keine echte Treue:
Treue ist per se falsch.

Als ein Ausdruck von Unreife verträgt sich diese Form der Selbstbindung weder mit der Liebe, noch mit der Intelligenz. Sie ist nicht kompatibel mit der Freiheit und nicht mit der Weisheit. Selbst Intuition und Authentizität sind der Treue fremd.

Wer auf eigenen Füßen…
selbständig seinen Weg gehen kann, wird die Krücken fallen lassen.

Einwand: „Treue ist etwas rein freiwilliges.“

Treue = ist eine nicht erforderliche freiwillige Bindung an eine Person, eine Gruppe, eine Institution oder eine Idee. Sie beinhaltet die partielle Selbsteinschränkung oder Aufgabe der Freiheit.

Man kann in der Liebe nicht untreu sein – außer ihr.

― Bettina von Arnim

Ihr treu zu bleiben, nämlich der Liebe und nicht einer Person, damit begeben wir uns auf eine höhere Ebene der Reife.

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Treuepunkte

Es soll Leute geben, die allen Ernstes versuchen, Treuepunkte zu sammeln. 🤗 Manche Geschäfte belohnen die Treue ihrer Kunden. Mit kleinem Spielzeug.

Wo Intelligenz, Freiheit und Bewußtheit
zuhause sind, wird Treue nicht gebraucht.

Einwand: „Die Liebe ist ohne das Gelöbnis der Treue im Grunde nicht denkbar.“

• Liebe hat nichts mit dem Denken zu tun.
• Liebe kennt kein Gelöbnis.
• Liebe kennt keine Verabredung.
• Liebe kennt keine Ordnung.
• Liebe kennt keine Komparation.
• Liebe kennt keine Moral (ist a-moralisch).
• Liebe ist nicht sozial.
• Liebe ist nicht geschäftsfähig.
• Liebe ist undenkbar.
• Liebe ist nicht vorstellbar.
• Liebe ist Chaos.
• Liebe ist anarchisch.
• Liebe ist Liebe (ohne wenn, weil und aber).

Einwand: „Kann eine Liebe auf den Gedanken der Dauer verzichten?“

Die Liebe ja (sie denkt ja nicht), aber unser Verstand nicht.
Der Verstand will Dauer, will ewige Wiederholung des Angenehmen.

Der Verstand kommt ohne die Liebe aus.
Die Liebe kommt ohne den Verstand aus.

Wir haben nicht einmal die Wahl: Sind wir im Verstand, sind wir nicht in der Liebe. Sind wir in der Liebe, sind wir nicht bei Verstand.

Die Liebe kennt nur die Nadelspitze des gegenwärtigen Moments.

Einwand: „Aber ohne Treue auskommen, das können wir alle, als Menschen nicht.“

Wenn du bisher nur mit unbewußten Menschen in Kontakt warst…, läßt sich deine Äußerung verstehen. Aber nur dann. Der größte Feind der Illusion? Die Intelligenz!

Wer
eine Illusion
als solche erkennt,
kann nicht mehr zurück.

Einwand: „Und schon stellt sich die Frage an das Gewissen.“

Gewissen = ist ein internalisiertes (ein gegessenes 😉 ) moralisches Instrument. Es funktioniert ebenfalls nur in dunkler Unbewußtheit.

Ein bewußter Mensch braucht kein Gewissen – er ist bewußt. Wenn ein unbewußter Mensch gewissenlos handelt, entfaltet sich eine Katastrophe. Es ist die geistige Unreife, die den ganzen Regel-Komplex der Moral (Treue, Gewissen, u.a.) begründet.

Die Moral ist für das gute Funktionieren einer Gruppe, einer Sippe, einer Gesellschaft, von hilfreicher Bedeutung ― wenn es an Reife mangelt.

Einwand: „Treue strebt einfach für den erhalt der Bezeigung zum Anderen.“

Die Treue strebt nicht, sie ist kein autonomes Wesen in Wirkungsfreiheit. Es ist ein Mensch, der sich an die Illusion der Treue gebunden fühlt.

Treue und Intelligenz…
schließen einander aus!

Einwand: „Dieses Aufrechterhalten, von oder zu was auch immer, haben wir alle in uns.“

Nein, nicht alle. Etwas möglichst lange aufrechterhalten wollen, ist oft angstgesteuert. Warum Angst haben? Etwas hält so lange, wie es hält. Und alles, was verschwindet, schafft Platz für Neues. 😉 Wat wech is, is wech.

Einwand: „Liebe und Verlangen sind aber nicht unbedingt dasselbe“

Das Verlangen, also die Lust auf Sex ist die Lust auf Sex – weiter nichts. Es hat in seinem Ursprung mit der Art-Erhaltung zu tun. Hier handelt es sich um einen Instinkt, ohne den es auch das Individuum nicht geben würde.

  1. Ja, sexuelles Verlangen ist nicht Liebe.
  2. Romantik und Gesäusel sind ebenfalls nicht Liebe.
  3. Gesellschaftsverträge (wie die Heirat) sind nicht Liebe.
  4. Familienbande an sich sind auch nicht zwangsläufig Liebe.
  5. Emotionen sind Emotionen – und nicht Liebe.
  6. Gute Gefühle sind angenehme Gefühle – aber nicht Liebe.

Das heiß ja nicht gleichzeitig, daß es in all dem nicht auch mal einen Anflug von Liebe geben könnte! So wie ja auch nicht komplett ausgeschlossen ist, daß es in einem Freudenhaus einmal zu einem Anflug von Freude kommen könnte.

Manchmal wollen die Menschen die Wahrheit nicht hören,
weil sie nicht wollen, dass ihre Illusionen zerstört werden.

― Friedrich Nietzsche 

Treue = ist der Wunsch nach Beständigkeit des aktuellen Standes einer Beziehung zu einem Menschen.

✵ Liebe… ist Überfließen (7).
✵ Der Wunsch nach Liebe… (und Treue) sind Ausdruck von Bedürftigkeit (1).

Link zu…  Geistige Reife  📌

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Meister

Jeder Meister hat nur einen Schüler – und der wird ihm untreu, denn er ist zur Meisterschaft auch bestimmt.

– Friedrich Nietzsche

Der Treue-Begriff im Zusammenhang mit der Beziehung zwischen einem spirituellen Lehrer und dessen Schüler, ist schon ein bißchen wunderlich. Auch wenn es für einige vorüber schlendernde Touristen anders aussehen mag: In der Meister-Schüler-Beziehung geht es nicht um solche Albernheiten, wie „Treue“.

Der Meister (wenn er denn ein Meister ist) erwartet nichts, außer, daß der Schüler seine Masken ablegt, sich authentisch zeigt und allmählich selbst in die Meisterschaft wächst.

Ein Handwerksmeister hat einige Erwartungen an seinen Schüler, aber „Treue“? Die Lehrzeit ist auf eine bestimmte Zeit begrenzt, dann verläßt der Schüler seinen Meister und… geht seiner Wege.

Ein spiritueller Meister kennt diesen Begriff Treue nicht einmal. Das, was mit diesem Begriff verbunden wird, kommt ihm überhaupt nicht in den Sinn, er könnte gar nichts damit anfangen.

Treue… ist etwas für den „Kindergarten“ (2) der Reife-Entwicklung des menschlichen Geistes und nicht für ihr Finale (7). Ab einer gewissen Reife verschwinden einige Begriffe komplett. Das Wort „Treue“ gehört dazu. An ihrer Statt gewinnen andere Wörter an Bedeutung.

Emanzipation

Emanzipation ist der Übergang eines Sklaven aus der Unterdrückung durch einen anderen in die Unterdrückung durch sich selbst.

― Ambrose Gwinnett Bierce

Ja, die christliche* Konditionierung steckt uns längst so tief im Mark, daß wir die Fremdsteuerung als solche fast gar nicht bemerken. Wir müssen schon sehr bewußt sein, um sie in ihrer Wirkung (daß wir annähernd wie ein pawlowscher Hund funktionieren) wahrnehmen zu können.

Emanzipation (Selbstmündigung) ist keine Frage irgend eines Geschlechts.

Es geht um die Verabschiedung jedweder unbewußt funktionierender Fremdbestimmung; es geht um die Freiheit, auch geistig auf eigenen Füßen zu stehen und es geht um den aufrechten Gang (ohne jede „Schuld“ !). 

Eine Emanzipation, die nicht die unbewußten
(Re-)Aktionsmechanismen erkennt, ist keine.

Erst, wenn wir die längst internalisierte Fremdbestimmung bei uns selbst erkennen können, sind wir in die Lage versetzt, in Distanz zu ihr zu gehen, um – nun weitgehend ungebunden – zu entscheiden. Erst dann sind wir frei. Mögliche Folge: Harmonie mit uns selbst und unserer Umgebung.

Voraussetzung für die Emanzipation ist die radikale, also ungebremste Bestandsaufnahme unserer inneren Unfreiheiten (Konditionierung).

Emanzipation = ist das entschlossene Entschlüpfen aus dem Kokon lang andauernder Unmündigkeit. Sie ist einerseits die Rücknahme der Erlaubnis-Freigabe zur Fremd-Bestimmung durch andere und andererseits die mutige Aufnahme der freien Selbstbestimmung. Emanzipation kennt vielleicht einen Anfang, aber kein Ende.

Emanzipation ist nichts, daß uns jemand von Außen geben könnte, sondern eine Entschiedenheit, die dem inneren Impuls folgt. Sie beginnt mit der Beobachtung aller Entscheidungen: Warum genau habe ich so entschieden? Was möchte ich wirklich? Denn nur echte, wirklich eigene Entscheidungen… sind souveräne Entscheidungen. Zweitens die Beobachtung aller Bewertungen: Warum genau habe ich etwas gerade so und nicht anders bewertet?

Emanzipiertheit, oder das emanzipiert-sein korreliert bezüglich der Geistigen Reife mit der Erwachsenen-Ebene (4).

Viel Erfolg beim Aufstöbern!

Freiheit  📌

Anpassung  📌
Geistige Reife  📌

*) Dasselbe gilt selbstverständlich in gleicher Weise auch für andersartige Konditionierungen.

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Emanzipation & Souveränität

Emanzipation ist keine
Sache des Geschlechts!

Emanzipation ist das bewußte Eintauschen der Erlaubnis zur Fremd-Bestimmung (2) gegen den mutigen (3) Schritt in die Selbstbestimmung.

Emanzipation = ist das entschlossene Entschlüpfen aus dem Kokon lang andauernder Unmündigkeit.

Emanzipation ist nichts, was uns von Außen gegeben, gar geschenkt werden könnte, sondern eine Entschiedenheit, die einem inneren Impuls folgt.

Emanzipiertheit, das Emanzipiertsein korreliert mit der ErwachsenenReife (4).

Emanzipation ist ein temporäres Ereignis;
nur ein Schritt auf dem Weg der Freiheit.

Die „Emanzipation“ beginnt, wenn wir bereit sind… den Opferstatus zu verlassen.

Emanzipation kann nur individuell und von innen her geschehen,
sie kann nicht von Außen gegeben, gefordert oder gepuscht werden.

 

Souveränität

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. . . ein Ausdruck weiblicher Souveränität.

Wer sich bei Dritten beklagt,
ohne die mögliche Verantwortung für
die Situation zu übernehmen, ist nicht souverän.

Feminine Souveränität und Feminismus vertragen sich nicht.

Der Feminismus ist nicht (!)
identisch mit Souveränität.

Der Feminismus (basierend auf männlicher Energie) zeigt sich vorwiegend in vorwurfsvollem Klagen von unten nach oben. Er beklagt sich über die (fehlende) männliche Intelligenz – ohne die weibliche zu nutzen. Er ist eine Art Stellungskrieg.

Einem feministischen Club beizutreten zeigt die Bereitschaft, eine Einengung gegen eine andere austauschen zu wollen. 

Die Aktivistin Emma Goldman* (1869-1940) soll damals zu ihren feministischen Mitstreiterinnen gesagt haben:

Wenn ich nicht tanzen kann, bin
ich nicht  Teil  eurer Revolution.

Emanzipiertsein ist Ausdruck der Freiheit
von jeglicher, auch von geistiger Gängelei.

Das EmanzipiertSein der Frau zeigt sich nicht im Sich-beklagen
über den Mann, sondern in der Art, wie sie ihn zu nehmen weiß.

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Emanzipation ist gegeben, wenn Dominanz
und Unterwerfung keine Themen mehr sind.

Wir, die Gesellschaft, sind dafür verantwortlich – insbesondere über die Bildungs-Einrichtungen – die jungen Menschen freundlich dabei zu unterstützen, körperlich, geistig und schließlich auch im Ausdruck… bestmöglich in die Souveränität zu wachsen.

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*) Emma Goldman: „US-amerikanische Anarchistin, Friedensaktivistin, Antimilitaristin, Atheistin und feministische Theoretikerin.“