Reichtum

Den größten Reichtum hat,
wer arm an Begierden ist.

– Lucius Annaeus Seneca

Das stimmt nicht so ganz, Lucius Annaeus.

1. Unausgesprochen wird Reichtum meistens mit Glück assoziiert. Glück ist aber nichts weiter als eine plötzliche und nicht lang andauernde Ausschüttung von Glücks-Hormonen.

2. Was verstehen wir selber unter Reichtum?

• Reichtum durch unsere Weisheit?
• Reichtum durch die Fähigkeit zu Mitgefühl?
• Reichtum durch unseren Zugang zur Intelligenz?
• Reichtum durch zu bekommende Dienstleistungen?
• Reichtum durch den Zugang zu vielen materiellen Gütern?
• Reichtum als Gefühl, aufgrund öffentlicherer Aufmerksamkeit?
• Reichtum durch hohe (Geld-)Zahlen auf Papier oder dem Bildschirm?

Reichtum – und damit das Gefühl von Glück – ist abhängig von äußeren Umständen, die mittels der Hormone kurzfristig unser Befinden angenehm beeinflussen.

3. Dauerhafter, jedoch nicht ganz so spektakulär in ihren Ausschlägen 😉 ist die Zufriedenheit.  Sie ist eine andere Kategorie. Zufriedenheit ist nicht davon abhängig, ob wir viel oder wenig von was auch immer zur Verfügung haben.

Zufriedenheit ist eine
Folge von Erkenntnis.

Das unentwegte Streben nach (noch mehr) Reichtum, sowie die erfolglosen Versuche, Begierden zu befried(ig)en, zeigen uns auf den unteren Ebenen unserer Geistigen Reife – Zufriedenheit auf den höheren. Sie ist nicht so leicht durch wegnehmen oder hinzufügen (von was auch immer) zu stören.

4. Gegenüber unseren Begierden das „Opfer“ zu geben, ist nur EINE Möglichkeit, denn neben den Instinkten, die uns mit den anderen Tieren verbinden, sind wir auch in der Lage, bewußt zu sein: Selbst die stärksten Begierden können wir kommen und gehen sehen – ohne ihnen blind folgen zu müssen.

Unser größter Reichtum ist das Bewußtsein. 🌷

Kaum ein Punkt

Was unser Denken begreifen kann, ist kaum ein Punkt, fast
gar nichts im Verhältnis zu dem, was es nicht begreifen kann.  – John Locke

Einige deiner Sätze das Denken betreffend, lassen vermuten, daß du die relative Größe des Verstandes siehst; daß du zwar seine Möglichkeiten schätzt, aber auch problemlos seine Grenzen und sein Unvermögen anerkennst.

Damit befindest du dich außerhalb des Illusionsbereichs der Masse der Intellektuellen, inklusive der der Wissenschaftler, die fast allesamt das Denken, also die intellektuelle Partition des Verstandes für die höchste Instanz halten. 

Sie meinen, daß alles am intellektuellen Verstand und mit diesem zu messen sei.

Da deine Sicht auf das Denken nicht begründbar ist, werden sie sagen, daß du dich im Unrecht befindest. Denn ihnen ist der Beweis die Meßlatte.

Was sie nicht verstehen: Diese Meßlatte ist nur ein Werkzeug der Logik, die wiederum auch nur ein Werkzeug des Verstandes ist, der wiederum auch nur ein Werkzeug ist.

Zwar ist das Denken ein genauso wichtiger Teil wie unsere Beine, unser Rückgrat und unser Gleichgewichts-Sinn, aber eben nur EIN Instrument in einem großen Orchester.

Sie können es auch gar nicht verstehen, da sie sich nur im Verstand bewegen und aus ihm heraus die Welt begreifen wollen und grundsätzlich nicht bereit sind, etwas größeres als ihn anzuerkennen. Hier ist die fehlende Bereitschaft zur Draufsicht das größte Hindernis für eine intelligente Öffnung.

     Vergleichbar dem Frosch, der nicht aus dem Brunnen klettert, weil er fest 
     davon überzeugt ist, daß sein Blick auf den Himmel der größtmögliche ist.

Ja, was wir mit unser Denken begreifen können, ist kaum ein Fliegenschiß, es ist fast gar nichts im Vergleich zu all dem, was der Verstand überhaupt nicht begreifen kann.

Die gute Nachricht: Es wird auch nicht gebraucht. Das, was wir mittels unseres Denkvermögens nicht begreifen können, braucht auch nicht begriffen zu werden.

Das Mentale hat eine überschaubare Aufgabe. Alles Übrige geht es nichts an.

Wahrheit

Wir sind dazu geschaffen, die Wahrheit zu suchen;
sie zu besitzen ist das Vorrecht einer höheren Macht.

– Michel de Montaigne

Auch wenn er so schön klingt, muß deinem Satz widersprochen werden:

1. Die Wahrheit ist nicht etwas, welches irgend jemand besitzen könnte.
2. Niemand hat ein „Vorrecht“ auf die Wahrheit auch nicht eine „höhere Macht“.
3. Die Wahrheit muß und kann nicht gesucht und dann später… gefunden werden.

Was wir jedoch können, weil es in unserer Macht liegt:

Unsere Bereitschaft (!) beschließen, uns
der Wahrheit gegenüber offen zu halten.  

4. Ein „Vor-Recht“ auf Wahrheit zu beanspruchen ist schon deshalb blanker Unsinn, da sie eh uns allen — wie die Atemluft — permanent zur Verfügung steht.
5. Daß der Mensch keinen Sinn für die Wahrheit habe, daß sie übermenschlich sei, ist nur eine faule Ausrede derer, denen sie nicht sonderlich viel bedeutet.

Ein Geheimschlüssel zum Erkennen der Wahrheit ist die
fortwährende Einübung in die eigene Wahrhaftigkeit. 😎

Imperativ

Handle nur nach derjenigen Maxime,
durch die du zugleich wollen kannst,
daß sie ein allgemeines Gesetz werde!

– Immanuel Kant

Du bist mit deinem Imperativ ein bißchen zu streng, Immanuel: Du setzt einen (zu) hohen Grad an Geistiger Reife voraus. Das ist deshalb nicht ganz seriös, weil du mit deiner kategorischen Forderung die Gegebenheiten nicht berücksichtigst.

Möglicherweise hast du diesen Satz (vor lauter Begeisterung ✨) vom alten Konfuzius abgeschrieben? Denn der formulierte dasselbe bereits 22 Jahrhunderte vor deiner Zeit jedoch nicht als Forderung, sondern als selbstverständliches Faktum:

Der EDLE bewegt sich stets so, daß sein Auftreten zu jeder Zeit als allgemeines Beispiel gelten kann. Er benimmt sich so, daß sein Verhalten jederzeit als allgemeines Gesetz dienen kann. Und er spricht so, daß sein Wort zu jeder Zeit als allgemeine Norm gelten kann.

– Konfuzius

Im Unterschied zu dir unterscheidet Konfuzius zwischen den Edlen und den Gemeinen. Seine Erwartung richtet sich realistischerweise an die kleinere der beiden Gruppen und nicht an Jedermann.

Konfuzius richtet sich an die Lehrer.

Nicht an die, im Sinne von „Pauker“, sondern an die Vorbildlichen, an die Lehrenden. Und zwar mit einem hohen Anspruch!

  • Vorbildhaftigkeit kann nur von den Wenigen gefordert und erwartet werden.

Nämlich von denen, die auch die Kapazität dazu haben; bei denen die Geistige Reife, das Notwendige und Richtige aus sich selbst heraus (!) erkennen zu können, bereits vorhanden ist.

Die große Masse… braucht die von außen aufoktroyierten Gesetze und Gebote.

Konfuzius bezieht sich auf den Geistigen Reifegrad mindestens des Erwachsenen (4), eher auf den des Lehrers (5). Geistige Reife ist aber keine Sache der Klugheit (IQ), des Standes, der Bildung, des Intellekts oder der Macht! Auch nicht die einer besonderen Fertigkeit oder eines Talents.

Geistige Reife  📌

Und, Immanuel, hast du von ihm abgeschrieben? 😎

Es wird wohl keinen deutschen „Philosophen“ geben, der nicht bei dem einen oder anderen Mann aus dem fernen Osten abgekupfert hat. In Sachen Weisheit (6) haben sie nun mal die Nase vorn.

Adel  📌

Freiheit

Wenn Sie mich, als Künstler, fragen, was ich in dieser Welt zu tun habe, werde ich immer antworten: Ich bin hier, um laut zu leben.

– Émile Zola

Da die Erde wohl mehr leise als laute Menschen beherbergt, macht es nichts, wenn du vorübergehend ordentlich Lärm machst.

Aber warum? Hast du etwas Wichtiges zu sagen oder zu zeigen?

Oder willst du Aufmerksamkeit – einfach nur, um beachtet zu werden? Frei nach René Descartes: „Ich werde gesehen, also bin ich.“ ?

Deine Formulierung: „werde ich immer antworten…“ erinnert mich an eine Drehleier. Die hatte das auch mal beschlossen und wich niemals von ihrem Repertoire ab.

Es ist dumm, sich derart festzulegen. Du weißt doch gar nicht, ob du nicht schon morgen etwas leiser auftreten magst. Vielleicht ist dir übermorgen sogar die Einsiedelei näher als die Bühne?

Wir Menschen sind frei.

Diese Freiheit beinhaltet, daß einige von uns unnötigerweise die verrücktesten Schwüre ablegen, ohne den Fluß des Lebens in seiner Wildheit zu berücksichtigen.