Güte

Dōgen, Güte, Nirmalo,

Es gibt Weltverbesserer aus Grundsatz,
die keinen Funken Güte besitzen.

– Oswald Bumke

Dann haben sie sich wohl etwas verrannt. So scheint manchmal die treibende Kraft das Mitgefühl (z.B. mit den „Ausgebeuteten“) zu sein. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich gelegentlich aber, daß die treibende Kraft der Hass (auf die „Ausbeutenden“) ist. Wenn man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben will, ist es nicht verwunderlich, „keinen Funken Güte“ finden zu können.

Einwand: „Worin ist für (den Menschen) die Güte von Nutzen?“

Ja, sie ist uns ein bißchen fremd geworden, die Güte. Vor einigen Jahren konnte man gelegentlich noch von ihr hören: „Ach, du meine Güte!“ Heute fragen manche nur noch nach ihrer Nützlichkeit, nach ihrem wirtschaftlichen Faktor.

Ich hab´s auch nicht so mit dem Begriff – nicht weil sie so wenig bringt, auf dem Markt, die Güte, sondern weil ihm eine Spur von Arroganz anhaftet. Er kommt mir ein bißchen viel „von oben herab“.

Einwand: „Wohlwollen, Nachsicht, Güte, Gutes tun, Gnade üben, Barmherzigkeit…“

Ja, all dem haftet auch der Geruch von Arroganz an. 
In ihrer reinen, also unschuldigen Form ist es Liebe.

Güte = ist eine „auf seine Mitmenschen gerichtete milde, freundliche, von Wohlwollen und Nachsicht bestimmte Gesinnung“.  (Wikipedia)

Güte kommt von „gut“ und ist eine Ausdrucksform der Liebe.

Sei gütig und du siehst ein, daß dein
Urteil über andere…  allzu hart war.

— Laotse

Meine Begriffs-Favoriten in diesem Zusammenhang sind Freundlichkeit und Wohlwollen.


En passant fand ich diese 5-teilige Einübung in Güte…

1. Möge es mir wohl ergehen, möge ich glücklich sein!
Frei von Zorn und Hass,
frei von Rachsucht und Feindschaft,
frei von Kummer und Sorge!
Möge ich frei sein und in Frieden leben!

2. Möge es meinen Freunden und Verwandten wohl ergehen, mögen sie glücklich sein!
Frei von Zorn und Hass,
frei von Rachsucht und Feindschaft,
frei von Kummer und Sorge!
Mögen sie frei sein und in Frieden leben!

3. Möge es mir fern stehenden Menschen wohl ergehen, mögen sie glücklich sein!
Frei von Zorn und Hass,
frei von Rachsucht und Feindschaft,
frei von Kummer und Sorge!
Mögen sie frei sein und in Frieden leben!

4. Möge es meinen Widersachern wohl ergehen, mögen sie glücklich sein!
Frei von Zorn und Hass,
frei von Rachsucht und Feindschaft,
frei von Kummer und Sorge!
Mögen sie frei sein und in Frieden leben!

5. Möge es allen Wesen wohl ergehen, mögen sie glücklich sein!
Frei von Zorn und Hass,
frei von Rachsucht und Feindschaft,
frei von Kummer und Sorge!
Mögen sie alle frei sein und in Frieden leben!


Ergänzendes/Erläuterndes zu den 5 Teilen der Übung. Zitat:

1. Die Entfaltung von Liebe-Güte beginnt mit der Hinwendung zu sich selbst. Man lenkt dabei die Achtsamkeit auf Körper und Geist und denkt mit ganzem Herzen: „Möge es mir wohl ergehen, möge ich glücklich sein! Etc.“

2. Nachdem man ganz von dem Gefühl der Liebe-Güte durchdrungen ist, vergegenwärtigt man sich die Gestalten von Eltern, Lehrern, Kindern, Freunden und Verwandten, wobei man wieder mit ganzem Herzen die vorgenannten guten Wünsche wiederholt und sich bemüht, das Gefühl der Liebe-Güte zu übertragen.

3. Als nächstes richtet man seine Güte-Gedanken auf jene Mitmenschen, die uns nicht nahe stehen und wiederholt die gleichen guten Wünsche.

4. Die Güteübung ist unvollkommen, wenn nicht auch eventuelle Widersacher mit Güte-Gedanken bedacht werden. Die Aufgabe, die eigene Abneigung anderen gegenüber bzw. deren Ablehnung einem selbst gegenüber zu überwinden bzw. zu akzeptieren, ist nicht ganz einfach. Für den weiteren Fortschritt ist diese Konfrontation jedoch unerlässlich. Daher sollte man immer wieder üben, bis man mit ganzem Herzen solchen Menschen alles Gute wünschen kann.

5. Zum Schluss der Übung wendet man sich allen Wesen im Universum zu, um sie mit Gütegedanken zu durchstrahlen, wobei wir wieder mit ganzem Herzen innerlich sagen: „Möge es allen Wesen wohlergehen, mögen sie alle glücklich sein! Etc.


Wichtige Hinweise zur Meditation

1. Die wörtliche Bedeutung von ‘bhāvanā’ ist ‘entwickeln’ oder ‘kultivieren’, wobei es um die Entwicklung von Achtsamkeit und Bewusstseinsklarheit in Bezug auf die eigenen Aktivitäten geht. ‘Bhāvanā’ (Meditation) darf dabei nicht dahingehend missverstanden werden, dass man sich abseits haltend in zielloser Betrachtung verharrt.

2. Achtsamkeit und Bewusstseinsklarheit sollen sich nicht auf eine bestimmte Körperhaltung beschränken. Ob man nun geht, steht, sitzt, liegt oder irgendetwas anderes tut, man sollte dabei immer achtsam und bewusst das beobachten, beziehungsweise sich in das einspüren, was man gerade tut.

3. Wenn Sie vorhaben, an einer intensiven und zeitlich begrenzten Meditation teilzunehmen oder alleine zu meditieren, sollten Sie in einer die Meditation fördernden Haltung (z.B. mit gekreuzten Beinen und aufrechtem Rücken) an einem abgeschiedenen Ort sitzen, und zwar ganz locker und ohne Unbehagen.

4. Wenn Sie Ihre Meditationshaltung eingenommen haben, lenken Sie bei geschlossenen Augen Ihre Achtsamkeit auf Ihre Nasenspitze oder Bauchdecke, also dorthin, wo durch den ein- und ausströmenden Atem eine Empfindung wahrnehmbar ist. Es ist natürlich keine unumstößliche Regel, die vorgenannten Objekte zu betrachten; es können auch andere geistige oder körperliche Objekte beobachtet werden. In jedem Falle ist aber eine lockere Hinwendung auf das gewählte Objekt notwendig.

5. Es ist sehr förderlich, wenn Sie als Vorbereitung für die oben genannte Meditation (Atembetrachtung) für ungefähr 15 Minuten allumfassende Liebe-Güte entwickeln und üben. Der nächste bedeutende Schritt im meditativen Bereich besteht darin, den eigenen Geist auf Gedankentätigkeit hin zu prüfen, beziehungsweise das Hin- und Herschweifen des Geistes zu überwachen. Letzteres können Sie leicht durch die fortgesetzte Hinwendung der Achtsamkeit auf das Ein- und Ausatmen erreichen, wobei die Nasenspitze als Atemtor betrachtet werden kann.

6. Wann immer Ihre Aufmerksamkeit vom Hauptobjekt (z.B. Nasenspitze) wegwandert, mögen verschiedenartige und fremdartige Gedanken auftauchen, welchen Sie nur so weit nachgehen sollten, als dass Sie sie kurz registrieren, um sich danach wieder dem Ein- und Ausatmen zuzuwenden.

7. Die vorgenannten Gedanken mögen mit Ihrer Vergangenheit oder mit Ihrer Zukunft zusammenhängen. Was immer sie jedoch beinhalten mögen, Sie dürfen ihnen auf keinen Fall erlauben, Ihren Geist zu beherrschen. Versuchen Sie deshalb weiterhin, Ihre Aufmerksamkeit auf den Atemvorgang gerichtet zu halten Sie können dabei alles andere vergessen.

8. Achten Sie bitte nur auf Ihre gegenwärtigen Aktivitäten und geben Sie Ihren Gedanken keinen Spielraum, in die Vergangenheit oder Zukunft zuwandern. Achtsamkeit, Erkenntnisfähigkeit, Fleiß und Ernsthaftigkeit sind die wichtigsten Eigenschaften des zu wirklicher Sammlung geneigten Geistes.

9. Selbst für einen kurzen Moment lassen Sie sich bitte nicht von Ihrer Aufmerksamkeit trennen, für die Sie nicht viel Energie benötigen, wenn Sie achtsam und bewusst handeln.

10. Folgen Sie bitte den detaillierten Anweisungen in meinem Vortrag, wann immer Sie Ihre Körperhaltung ändern, wenn Sie z.B. der Sitzübung eine Gehübung folgen lassen. Erinnern Sie sich daran, dass Sie achtsam und wach Ihre geistigen und körperlichen Aktionen und Reaktionen beobachten wollen.

11. Während des Tagesgeschehens sind Sie immer dann meditativ, wenn Sie Ihre jeweiligen Aktivitäten zur rechten Zeit zum Objekt Ihrer Meditation machen.

12. Seien Sie ehrlich zu sich selbst und verhelfen Sie sich dadurch – mehr noch, als Sie andere Menschen damit erfreuen zu dauerhaftem Glück.

13. Beziehen Sie alle Aktivitäten während der Tagesroutine so gut es eben geht in Ihre meditative Betrachtung ein und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit während der Intensivübung hauptsächlich auf einen Gegenstand, wie das Ein- und Ausatmen, und versuchen Sie sich dabei von allen anderen Vorgängen zu lösen.

14. Zusammenfassend sei gesagt, dass, wenn Sie einen Tag in ernster Meditation verbringen wollen, Sie Ihre gefühlsmäßige Beziehung zur Außenwelt aufgeben müssen, da diese ein Hindernis für jeden echten Erfolg darstellt.“ (Quelle)

Sabbe sattā bhavantu sukhitattā!
Mögen alle Wesen glücklich sein!

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Eine durchaus anspruchsvolle Übung – besonders der 4. Teil. Ich selber mache es gelegentlich so: Bei geschlossenen Augen falte ich innerlich die Hände zur Geste Namasté mit der Bedeutung:  „Das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in dir“. 🙏
Dabei blicke ich den betreffenden Menschen an und warte einfach (ohne etwas zu denken), bis ich sehen kann, daß er diese Geste auch in meine Richtung macht.

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Meister Eckhart, Güte, Nirmalo,

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