Weisheit

Wir empfangen die Weisheit nicht. Wir müssen sie für uns selbst entdecken im Verlauf einer Reise, die niemand für uns unternehmen oder uns ersparen kann.

– Marcel Proust

Dieses Zitat des Marcel Proust ist interessantes, weil sich damit etwas zur Weisheit sagen läßt:

Er hat Recht damit, wenn er meint, daß wir sie selbst entdecken müssen und zwar unentwegt, daß uns niemand ersparen kann, die Weisheit zu entdecken und sie anzunehmen.

Niemand anderes kann sie für uns finden.
Kein Experte der Welt ist dazu in der Lage.

Das Auftauchen von Weisheit steht aber keineswegs in direktem Zusammenhang mit dem „Verlauf einer Reise“ ! Sicherlich ist die entspannte Atmosphäre einer Reise dienlich, ebenso der günstige Umstand, von den gewohnten Gleisen (auch denen des Verstandes) vorübergehend beurlaubt zu sein.

Ansonsten birgt jeder Moment des Lebens das Potenzial, Weisheit erscheinen zu lassen. Wirklich jeder Moment, jeder Ort und jeder Umstand. Und zwar bar jeder Anstrengung.

Der Satz des Marcel Proust: „Wir empfangen die Weisheit nicht“ ist dagegen nicht zutreffend. Wir können Weisheit nicht machen, nicht tun, nicht beschließen, nicht einmal wollen. Im Gegenteil: Eine rezeptive Haltung, eine Ego-freie, eine offene ist sehr hilfreich, denn:

Wir empfangen die Weisheit.

Weisheit  📌

Der Satz des Pythagoras

Man soll schweigen oder Dinge sagen, die noch besser sind, als das Schweigen.

– Pythagoras von Samos

Sehr anspruchsvoll. Doch ist niemandem geholfen, wenn man Unmögliches verlangt.

Auf einer bestimmten Ebene der Reife, oder in einem meditativen Zustand, oder wenn man sich tief in seiner Mitte befindet, bekommen die Worte eine Schwingung, die der Qualität der Stille nahe kommen. Aber eben nur…  nahe kommen. Selbst hier wird noch – wenn auch nahezu in Abwesenheit des Egos – der Verstand gebraucht.

Die wirkliche Stille liegt weit hinter den Worten, liegt noch weit hinter dem Denken.

Was helfen kann,
ist Achtsamkeit.

Achtsamkeit in der Wahl der Worte, achtsam sein in dem, was man sagt, auch in der Wahl der Inhalte und das genaue Hinsehen, wann Stillschweigen angesagt ist – selbst mitten im Gespräch.

Man kann sagen, daß der Stille – gegenüber dem Reden – der weitaus größere Wert zukommt.

Worte, die selbst die Stille noch veredeln, wird es wohl nicht geben. 

Es ist die Gedankenstille, die volle Präsenz, die uns Menschen zu jeder Zeit und an jedem Ort als Große Einladung zur Verfügung steht.

Lüge & Selbstbetrug

„Wir lügen rund 200 Mal am Tag, da ist sich die Wissenschaft         inzwischen ziemlich einig.“   (WAZ-Headline vom 02.11.2012) 

Ist die Wissenschaft inzwischen in einem solchen Zustand?

Selbst einen sehr bekannten unterhaltenden Moderator hörte ich auf die direkte Frage nach seiner persönlichen Einstellung zur Lüge, ausweichend den Blödsinn von den „200 mal am Tag“ wiederholen. Dabei ist es schier unmöglich… so oft zu lügen.

Statt es einfach an sich selber zu beobachten (das würde jeden sofort eines Besseren belehren), glaubt man lieber solch einen unterirdischen (wissenschaftlich bestätigten) Quatsch und verbreitet den dann auch noch weiter!

Selbst dann, wenn jemand „nur“ 20 mal am Tag lügen würde – das wäre schon von ihm selbst nicht auszuhalten! Ihm selber würde schon… speiübel werden. Und innerhalb von vierzehn Tagen hätte dieser Mensch sämtliche Spiegel abgehängt: Wer will denn schon so jemandem in´s Gesicht sehen?

Wahrhaftigkeit ist auch
eine Frage der Ästhetik.

Es ist schon erstaunlich, wie viele Menschen sich und wie gerne hinter einem Buchtitel verstecken und ihn als Bollwerk zu ihrer Rechtfertigung mißbrauchen, wie zum Beispiel hinter diesem: „Lob der Lüge: Warum wir ohne sie nicht leben können“.

So weit kann es gehen mit der „Experten“-Hörigkeit. Auf diese Weise belügen wir uns erfolgreich selbst und benutzen andere zu unserer Bestätigung. 

Lüge = ist die bewußte Kommunikation einer Unwahrheit mit der Absicht, das Gegenüber zu täuschen.

Im Arsenal der Täuschung ist die Lüge nur  e i n  Element.

Lüge = ist auch, wenn zwar Wahres mitgeteilt wird, dies aber ebenfalls mit der Absicht verbunden ist, jemanden täuschen zu wollen.

Wer lügt, ist entweder nicht wohlmeinend, oder hat Angst.

Sich mit der Wahrheit zu befreunden,
erfordert schon eine gewisse Courage.

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Es ist gefährlich, anderen etwas vorzumachen; denn
es endet damit, daß man sich selbst etwas vormacht.

– Eleonora Duse

Ja, man führt immer nur sich selbst hinter die Fichte und… merkt es nicht mal. 🤗

◾ Eine erfundene „Wahrheit“ ist eine Lüge.
◾ Wir können die Wahrheit finden, aber nicht er-finden.
◾ Wir alle haben alle erforderlichen Sensoren für das Erkennen der Wahrheit.

◾ Trägt jemand etwas vor, was in meinen Augen zwar die Unwahrheit, in seinen Augen aber die Wahrheit ist, handelt es sich (möglicherweise um eine Unwahrheit, aber) NICHT um eine Lüge.

In Sachen Wahrheit gibt es keine Exklusivrechte;
gibt es keine VIPs, keine Very Important Person.

Die ärgsten Feinde der Lüge:

  • Reife
  • Liebe
  • Würde
  • Respekt
  • Weisheit
  • Intelligenz
  • Authentizität
  • Selbstachtung
  • Liebe zur Wahrheit

Wahrheit  📌

Der edle Mensch

Nichts mehr bedarf eine Nation als einen Überfluß an edlen Männern, die sich dem Allgemeinen widmen.

– Leopold von Ranke

Mit dem Aufkommen der Demokratie („Herrschaft des Volkes“, also der gemeinen Masse) ist der Begriff des „edlen Menschen“ fast völlig aus der Mode gekommen. Wir hängen den Wert „Demos“ dermaßen hoch, daß wir dabei die Werte, die den „edlen Menschen“ ausmachen, komplett übersehen.

Adel = edle Gesinnung.

Adel verpflichtet„. Adelige Herkunft (Erziehung & Bildung) verpflichtet zur Annahme von Verantwortung (tüchtig und tugendhaft) basierend auf der Idee der Aristokratie, also dem Bestreben nach einer auf das Gemeinwohl ausgerichteten Führung der Besten und der Geeignetsten.

Diesen edlen Menschen haben wir scheint´s, zusammen mit der Herrschaft der Aristokratie gleich mit abgeschafft. Das ist fatal! Die darin liegenden Gefahren haben wir (immer noch) nicht erkannt.

Was macht ihn aus, den „edlen Menschen“?

Ganz pauschal würden wir heute den edlen Menschen mit einem „guten Charakter“ beschreiben. Das ist aber nicht wirklich zutreffend. Der edle Mensch weist sich aus durch eine überdurchschnittlich hohe Geistige Reife:

  • Er kann das größere Ganze sehen
  • und Zusammenhänge erkennen.
  • Er hat die Fähigkeit zu Mitgefühl.
  • Die Menschen achtet er unterschiedslos.
  • Verantwortungs-Bewußtsein kennt er,
  • aber nicht nur in Bezug auf „die Seinen“.
  • Das Gemeinwohl-Denken ist bei ihm vorrangig:
  • Das Beste für die Allgemeinheit.
  • Eigenständiges Denken ist ihm vertraut,
  • ebenso wie Intelligenz und Weisheit.
  • Weisheit kommt ohne Wahrhaftigkeit nicht aus.
  • Vornehmheit und Eitelkeit kennt er nicht.
  • Der Wunsch nach Beachtung ist ihm fremd.

Diese Qualitäten wirken auf uns irgendwie exotisch, wir kennen sie fast nur noch aus der Literatur. Statt dessen haben wir uns mit Zuordnungen, wie „Verbraucher“, „Jeder zu seinem Vorteil“ („Geiz ist geil“) und „Kinder an die Macht“ zufrieden gegeben und… damit identifiziert. Selbst in den höchsten und neuralgischen Positionen erwarten wir nichts anderes mehr.

Das ist nicht der Zenit unserer Möglichkeiten. An der Geistigen Reife gespiegelt, ist das gerade mal Kleinkind-Niveau (2).

Wir sollten uns mal wieder auf die wirklichen Werte besinnen und unsere Ansprüche ihnen entsprechend… höher schrauben! Denn das Edle in uns ist nicht gestorben, es ist bloß unter billigem Blech verschüttet.

Reife  📌

Viel lesen ?

Nicht viel lesen, sondern gut‘ Ding viel und oft lesen macht fromm und klug dazu.

– Martin Luther

Das Problem: Wie unterscheiden zwischen gut´ Ding und den anderen…?

Klar, daß du deinen Leuten schon sagst, was in deinen Augen gut´ Ding ist und wovon du meinst, daß es auch ein´s für andere ist. Aber nicht jeder kann dich zu jeder Zeit fragen. Also begnügen sich die Leut´ mit 21% Schund und 78% Füllstoff.

Es gibt Alternatives: Die feineren Sinne schärfen, genaues Hinsehn, selber denken, sich auf die Wahrheit einstimmen und sich an ihr orientieren, das Wohl jedes anderen so wichtig nehmen wie das eigene…

Dann braucht´s nicht viel des Lesens.