Schuld & Dank

Keine Schuld ist dringender, als die, Dank zu sagen.

 – Marcus Tullius Cicero

Wer diesem Satz des Marcus zustimmt, oder ihn gar verinnerlicht, sitzt zwei Illusionen auf: 1. daß es so etwas wie Schuld gibt und diese von Bedeutung sei und 2. daß es vonnöten sei, Dank zu sagen.

Der Schuld-Begriff wurde für die Masse derer erfunden, die nicht von sich aus wissen, was rechtens ist und deshalb zur Orientierung ein Konvolut an Moral-Vorschriften und Gesetzen benötigen, damit ein einigermaßen reibungsarmes Verhalten gewährleistet ist.

Wer aus einem Schuldgefühl heraus „danke“ sagt, hat vielleicht der Etikette entsprochen, ist aber Meilen von der Dankbarkeit entfernt.

Wirkliche Dankbarkeit ist kein Element der Etikette und gedeiht auch nicht auf dem Boden der Angst vor irgendwelchem Verlust.

Auf das Aufkommen echter Dankbarkeit haben wir keinen Einfluß.

Doch auf die Ausführung von Verhaltens-Mustern haben wir auf verschiedene Weise Einfluß: Durch Schuldgefühle oder Pflichtprogramme von innen oder durch variablen Druck von außen. Sämtliche Verhaltens-Muster unterliegen unseren Entscheidungen, aber…

Die echte Dankbarkeit entzieht sich komplett all unserem Wollen:
Sie steigt auf, wenn sie aufsteigt und bedarf keiner Formulierung.

Dankbarkeit

Das Undankbarste, weil Unklügste, was es gibt, ist Dank erwarten oder verlangen.

– Theodor Fontane

…denn das, was man bekommt, wenn man Dank verlangt, ist allenfalls eine GESTE scheinbarer Dankbarkeit – aber niemals Dankbarkeit.

Über wirkliche Dankbarkeit kann niemand verfügen; man kann sie nicht einfordern und auch nicht beabsichtigen. Jemand kann eine Geste der Dankbarkeit verlangen und ein Anderer kann Dankbarkeit heucheln. Beides ist möglich.

Doch die wirkliche Dankbarkeit ist immer echt.
Sie kommt auf, wenn sie aufkommt. Nur dann.