Toleranz

Toleranz ist der Verdacht, daß der andere Recht hat.

– Kurt Tucholsky

Immer müssen wir den Verdacht haben, daß der andere Recht hat und immer müssen wir den Verdacht haben, daß wir im Unrecht befangen sind. Das fordert die Wahrheitsliebe. Doch hier geht es um etwas anderes.

Toleranz schließt gleiche Augenhöhe aus.

Denn Toleranz setzt ein ungleiches Verhältnis voraus: Wenn ich jemandes Verhalten toleriere, gewähre ich ihm temporär einen Aktionsraum, den ich ihm jederzeit wieder nehmen kann. 

Das ist nicht die selbe Augenhöhe! Denn sie erfordert… Achtung und Respekt.

Toleranz basiert
auf Machtgefälle.

„Tolerant“ bin ich von einer „höheren Stufe“; herablassend, aus der Machtposition heraus, „gnädig“: Toleranz ist des Mächtigeren Arroganz.

Toleranz ist gönnerhaft.

Immanuel Kant spricht hier von einem „hochmütigen Namen“. Ja, es kann sich auch um eine getarnte Form des Hochmuts handeln.

Toleranz = ist, aus der Position des Stärkeren heraus, temporär eine Erlaubnis geben.

Toleranz ist Duldung.

Toleranz wird gewährt: Von oben nach unten. Der Tolerierende hat gegenüber dem Tolerierten das Heft in der Hand und kann die Toleranz jederzeit in Reglement oder Ausschluß verwandeln.

Toleranz ist Duldung bis zu
einer undefinierten Grenze.

Toleranz bedeutet, daß es Grenzen gibt — auch, wenn sie vom Tolerierten (noch) nicht zu sehen oder zu spüren sind, denn… 

Toleranz ist nicht Gleichheit!

Karl Carstens traf es – im Vergleich zu anderen Autoren wie Wilhelm Busch, Helmut Schmidt, Theodor Fontane, Kurt Tucholsky, Lew Kopelew und Karl Popper – noch am besten, als er sagte: „Nur wer sich sicher fühlt, ist tolerant.“

Toleranz ist, wenn ich einen Hund an der Leine haltend,
ihn Strecke und Lauf-Geschwindigkeit bestimmen lasse.

Tolerieren = ist identisch mit: „Leine lassen“.

Gleiche Augenhöhe  📌

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Toleranz sollte eigentlich nur eine vorübergehende
Gesinnung sein; sie muß zur Anerkennung führen.
Dulden heißt beleidigen.

– Johann Wolfgang von Goethe

Ein Moment der Weisheit. Danke, Johann Wolfgang. Diese Mahnung ist immer noch aktuell. Und oftmals trifft es zu:

Toleranz ist dürftig
getarnte Arroganz.

Wenn sie nicht „nur eine vorübergehende Gesinnung“ ist, ist sie in Wirklichkeit… Hochmut.

Grenzen des Verstehens

Es hört doch jeder nur, was er versteht.

– Johann Wolfgang von Goethe

Wir können nur verstehen,
was wir verstehen können.

Mehr nicht. Vorwürfe aller Art… können daran nichts ändern. Man mag es bedauern oder sogar beklagen, das nützt aber nichts: Was nicht verstanden werden kann, wird nicht verstanden.

  • Erstens haben wir von einander verschiedene Verstände (nicht jeder Verstand kann jede Aufgabe gleich gut lösen).
  • Zweitens befinden wir uns nicht immer zeitgleich auf dem selben Stand der Geistigen Reife.

Wenn z.B. jemand gerade auf der weisen Ebene (6) spricht und ich mich zur selben Zeit im Ego, auf der Kleinkind-Stufe (2) aufhalte, kann ich nicht verstehen. Um verstehen zu können, muß ich die Ebene wechseln und mindestens den Erwachsenen-Modus (4) einschalten – andernfalls…  keine Chance.

Umgekehrt ist es nicht anders: Befinde ich mich im Erwachsenen-Modus (4), der andere besteht aber auf der Baby-Position (1), gibt es ebenfalls keine Möglichkeit, zu verstehen.

Das Größere kann das Kleinere
verstehen, doch nicht vice versa.

Wollen wir Bedeutenderes verstehen, müssen wir uns zu den etwas höheren Bereichen hin öffnen, anders läuft es nun mal nicht. Beispielsweise kann sich Wahrheit gelegentlich (sofern hilfreich) der Logik bedienen – aber nicht umgekehrt.

Die Logik ist ein nur sehr kleines, für einfache Aufgaben nützliches Hilfskonstrukt; Wesentliches aber… ist durch ihre Nutzung nicht zu begreifen.

Reife  📌