Treue

Wer sich selbst treu bleiben will,
kann nicht immer anderen treu bleiben.

― Christian Morgenstern

Treue = ist reine Abstraktion: Eine willkürliche, eine erdachte Hilfskonstruktion ohne Realität. Die IDEE von „Treue“ basiert auf der Erwartung einer Funktion, einer Nützlichkeit. Sie setzt einen gemeinsamen und unerschütterlichen Glauben an die vermeintliche Notwendigkeit der Selbst-Bindung durch Verpflichtung voraus.

Als Teil der Moral ist sie ein Versprechen, sich dauerhaft zu unter-stützendem Verhalten in Bezug auf jemand anderen gebunden zu sehen; auch dann noch, wenn die Beziehung oder das emotionale Verhältnis eindeutig unstimmig ist. Die Treue endet mit dem Tode oder einer einseitigen Aufkündigung, dem sogenannten Treuebruch.

TREUE… ist die unausgesprochene Zusage, ist das Versprechen, auf den natürlichen Freiheitsdrang, auf die eigene Reife, auf die Einsicht, auf die Empfindungen, selbst auf Intelligenz, Weisheit und Wahrheit keine Rücksicht zu nehmen.

Eine Ent-Bindung von der Treue (z.B. aufgrund
von Erkenntnis oder Reife) ist nicht vorgesehen.

Auf der Skala der Geistigen Reife entspricht der Wunsch nach Treue dem Stand des Kleinkindes (2). Er entspringt dem Bedürfnis nach Beständigkeit dem status quo, nach Sicherheit.

Letztlich entspringt der Wunsch nach Treue der tiefer liegenden Angst.

Der reife Mensch…
geht mit der Liebe.

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Treue-Schwur

Kein Mensch der Welt übertrifft die Germanen an Treue.

– Publius Cornelius Tacitus

A – Freiwillige… Treue auf der Basis von Selbstverpflichtung
B – Geforderte… Treue unter Androhung von Konsequenzen

Die Konstruktion TREUE wird benutzt, wenn ein Zusammenhalt gesucht/gebraucht wird, der auf anderem Wege nicht erreicht werden kann. Wir kennen die Treue zum Unternehmen, zum Vater-Land und… zur Fahne. Vor zwei Generationen spielte die Treue zum Führer eine Hauptrolle.

Treu bis in den Tod.

Ein Schneidermeister (Jahrgang 1905) sagte mir mal: „So sehr ich auch gegen das (Hitler-) Regime eingestellt war, aber ich hätte niemals die Hacken zur Front gedreht.“  Nur diese Stärke der Funktion solcher Art Treue kann die bekannten Ausdehnungen in den ersten und das Durchhalte-Vermögen in den letzten Kriegs-Jahren erklären.

Schwur und Treue gehören zur selben Begriffs-Familie. Sie passen zusammen und belegen die selbe Stufe der Reife (2).

In militärischen, aber auch in anderen Konstellationen (Beispiel Mafia) wird die Treue nicht nur angeboten, sondern auch gefordert: Die Untreue wurde und wird nicht selten mit dem Tode bestraft!

Drohung bei Untreue ist ein Indiz…
für das Scheitern der Idee der Treue.

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Beziehungs-Treue

Erwarte Treue von den Nachtigallen nicht,
die jeden Augenblick auf andern Rosen singen.

― Saadi

Bis vor kurzem hat die sexuelle Treue noch eine sehr bedeutende Rolle gespielt. In einigen Beziehungen, vor allem jüngerer Leute, sorgt der Begriff auch heute für viel Konflikt und spannende Dramen.

Bewußtheit, Liebe, Eigenständigkeit und Reife bilden das Ende der „Treue“. In ihrem Licht kann sich die auf Unbewußtheit basierende Idee nicht halten.

Auf den ersten Blick hin könnte man annehmen, Treue hätte etwas mit Liebe zu tun. Dem ist aber nicht so, denn:

Die Treue ist ein Sproß der Angst, nicht einer der Liebe.

Es gibt die echte Liebe,
aber keine echte Treue:
Treue ist per se falsch.

Als ein Ausdruck von Unreife verträgt sich diese Form der Selbstbindung weder mit der Liebe, noch mit der Intelligenz. Sie ist nicht kompatibel mit der Freiheit und nicht mit der Weisheit. Selbst Intuition und Authentizität sind der Treue fremd.

Wer auf eigenen Füßen…
selbständig seinen Weg gehen kann, wird die Krücken fallen lassen.

Einwand: „Treue ist etwas rein freiwilliges.“

Treue = ist eine nicht erforderliche freiwillige Bindung an eine Person, eine Gruppe, eine Institution oder eine Idee. Sie beinhaltet die partielle Selbsteinschränkung oder Aufgabe der Freiheit.

Man kann in der Liebe nicht untreu sein – außer ihr.

― Bettina von Arnim

Ihr treu zu bleiben, nämlich der Liebe und nicht einer Person, damit begeben wir uns auf eine höhere Ebene der Reife.

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Treuepunkte

Es soll Leute geben, die allen Ernstes versuchen, Treuepunkte zu sammeln. 🤗 Manche Geschäfte belohnen die Treue ihrer Kunden. Mit kleinem Spielzeug.

Wo Intelligenz, Freiheit und Bewußtheit
zuhause sind, wird Treue nicht gebraucht.

Einwand: „Die Liebe ist ohne das Gelöbnis der Treue im Grunde nicht denkbar.“

• Liebe hat nichts mit dem Denken zu tun.
• Liebe kennt kein Gelöbnis.
• Liebe kennt keine Verabredung.
• Liebe kennt keine Ordnung.
• Liebe kennt keine Komparation.
• Liebe kennt keine Moral (ist a-moralisch).
• Liebe ist nicht sozial.
• Liebe ist nicht geschäftsfähig.
• Liebe ist undenkbar.
• Liebe ist nicht vorstellbar.
• Liebe ist Chaos.
• Liebe ist anarchisch.
• Liebe ist Liebe (ohne wenn, weil und aber).

Einwand: „Kann eine Liebe auf den Gedanken der Dauer verzichten?“

Die Liebe ja (sie denkt ja nicht), aber unser Verstand nicht.
Der Verstand will Dauer, will ewige Wiederholung des Angenehmen.

Der Verstand kommt ohne die Liebe aus.
Die Liebe kommt ohne den Verstand aus.

Wir haben nicht einmal die Wahl: Sind wir im Verstand, sind wir nicht in der Liebe. Sind wir in der Liebe, sind wir nicht bei Verstand.

Die Liebe kennt nur die Nadelspitze des gegenwärtigen Moments.

Einwand: „Aber ohne Treue auskommen, das können wir alle, als Menschen nicht.“

Wenn du bisher nur mit unbewußten Menschen in Kontakt warst…, läßt sich deine Äußerung verstehen. Aber nur dann. Der größte Feind der Illusion? Die Intelligenz!

Wer
eine Illusion
als solche erkennt,
kann nicht mehr zurück.

Einwand: „Und schon stellt sich die Frage an das Gewissen.“

Gewissen = ist ein internalisiertes (ein gegessenes 😉 ) moralisches Instrument. Es funktioniert ebenfalls nur in dunkler Unbewußtheit.

Ein bewußter Mensch braucht kein Gewissen – er ist bewußt. Wenn ein unbewußter Mensch gewissenlos handelt, entfaltet sich eine Katastrophe. Es ist die geistige Unreife, die den ganzen Regel-Komplex der Moral (Treue, Gewissen, u.a.) begründet.

Die Moral ist für das gute Funktionieren einer Gruppe, einer Sippe, einer Gesellschaft, von hilfreicher Bedeutung ― wenn es an Reife mangelt.

Einwand: „Treue strebt einfach für den erhalt der Bezeigung zum Anderen.“

Die Treue strebt nicht, sie ist kein autonomes Wesen in Wirkungsfreiheit. Es ist ein Mensch, der sich an die Illusion der Treue gebunden fühlt.

Treue und Intelligenz…
schließen einander aus!

Einwand: „Dieses Aufrechterhalten, von oder zu was auch immer, haben wir alle in uns.“

Nein, nicht alle. Etwas möglichst lange aufrechterhalten wollen, ist oft angstgesteuert. Warum Angst haben? Etwas hält so lange, wie es hält. Und alles, was verschwindet, schafft Platz für Neues. 😉 Wat wech is, is wech.

Einwand: „Liebe und Verlangen sind aber nicht unbedingt dasselbe“

Das Verlangen, also die Lust auf Sex ist die Lust auf Sex – weiter nichts. Es hat in seinem Ursprung mit der Art-Erhaltung zu tun. Hier handelt es sich um einen Instinkt, ohne den es auch das Individuum nicht geben würde.

  1. Ja, sexuelles Verlangen ist nicht Liebe.
  2. Romantik und Gesäusel sind ebenfalls nicht Liebe.
  3. Gesellschaftsverträge (wie die Heirat) sind nicht Liebe.
  4. Familienbande an sich sind auch nicht zwangsläufig Liebe.
  5. Emotionen sind Emotionen – und nicht Liebe.
  6. Gute Gefühle sind angenehme Gefühle – aber nicht Liebe.

Das heiß ja nicht gleichzeitig, daß es in all dem nicht auch mal einen Anflug von Liebe geben könnte! So wie ja auch nicht komplett ausgeschlossen ist, daß es in einem Freudenhaus einmal zu einem Anflug von Freude kommen könnte.

Manchmal wollen die Menschen die Wahrheit nicht hören,
weil sie nicht wollen, dass ihre Illusionen zerstört werden.

― Friedrich Nietzsche 

Treue = ist der Wunsch nach Beständigkeit des aktuellen Standes einer Beziehung zu einem Menschen.

✵ Liebe… ist Überfließen (7).
✵ Der Wunsch nach Liebe… (und Treue) sind Ausdruck von Bedürftigkeit (1).

Link zu…  Geistige Reife  📌

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Meister

Jeder Meister hat nur einen Schüler – und der wird ihm untreu, denn er ist zur Meisterschaft auch bestimmt.

– Friedrich Nietzsche

Der Treue-Begriff im Zusammenhang mit der Beziehung zwischen einem spirituellen Lehrer und dessen Schüler, ist schon ein bißchen wunderlich. Auch wenn es für einige vorüber schlendernde Touristen anders aussehen mag: In der Meister-Schüler-Beziehung geht es nicht um solche Albernheiten, wie „Treue“.

Der Meister (wenn er denn ein Meister ist) erwartet nichts, außer, daß der Schüler seine Masken ablegt, sich authentisch zeigt und allmählich selbst in die Meisterschaft wächst.

Ein Handwerksmeister hat einige Erwartungen an seinen Schüler, aber „Treue“? Die Lehrzeit ist auf eine bestimmte Zeit begrenzt, dann verläßt der Schüler seinen Meister und… geht seiner Wege.

Ein spiritueller Meister kennt diesen Begriff Treue nicht einmal. Das, was mit diesem Begriff verbunden wird, kommt ihm überhaupt nicht in den Sinn, er könnte gar nichts damit anfangen.

Treue… ist etwas für den „Kindergarten“ (2) der Reife-Entwicklung des menschlichen Geistes und nicht für ihr Finale (7). Ab einer gewissen Reife verschwinden einige Begriffe komplett. Das Wort „Treue“ gehört dazu. An ihrer Statt gewinnen andere Wörter an Bedeutung.

Freiheit

Freiheit

Der Freiheits-Begriff macht erst Sinn,
wenn eine Unfreiheit erfahren wurde.

Freiheit = ist, tun und lassen können.

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Frei ist, wer in Ketten tanzen kann.

― Friedrich Nietzsche

Das ist wohl wahr: Wir können auf unsere Begrenztheiten fokussieren oder auf unsere Freiheiten.

Wer seine Freiheit sehen kann, wird tanzen.
Die Umstände werden ihn nicht behindern.

Aber Achtung!

Ketten sind keine Voraussetzung
…die Freiheit erleben zu können!

Es soll Leute geben, die, obwohl nirgends (an-)gebunden, dennoch nicht tanzen können: Sie können ihre Freiheit gar nicht sehen und also… auch nicht feiern.

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Freiheit für… oder von…

Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will.

― Jean-Jacques Rousseau

Ja, Freiheit bedeutet einerseits, daß du lassen kannst, was du nicht willst, Freiheit bedeutet aber auch, daß du tun kannst, was du tatsächlich tun willst und Freiheit bedeutet zudem, daß du tun kannst, was du nicht tun willst. Auch das gehört zur Freiheit.

Sie beinhaltet mehr, als nur ein entweder/oder. Viel eher ist sie ein sowohl/als auch. Sie ist größer als du denkst.

Freiheit ist einer der Begriffe, die eine größere Zahl an Bedeutungen haben können. Das Zitat enthält bereits  z w e i  grundverschiedene Formen von Freiheit:

  • Die Freiheit für… etwas.
  • Die Freiheit von… etwas.

Der erste Teil des Satzes beinhaltet die „Freiheit für…“

Jean-Jacques Rousseau: „Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will.“

Das ist Quatsch, Jean-Jaques. Natürlich ist es eine der Möglichkeiten von Freiheit, daß der Mensch tun kann, wonach ihm gerade ist. Auf diese Form von Freiheit kann man sich mit den meisten Menschen verständigen.

VERANTWORTUNG  ist
transzendierte Freiheit.

Verantwortung (freiwillig !) übernehmen, geht über das Grundbedürfnis nach Freiheit hinaus. Die Einschränkungen/Unfreiheiten, die angenommene Verantwortung mit sich bringt, sind… Teil der Freiheit.

Die Freiheit zur Verantwortung schwingt auf einer höheren Ebene (4) der Reife.

Jean-Jacques Rousseau sagt: „Die Freiheit des Menschen liegt … darin, … daß er nicht tun muß, was er nicht will.“

Dieser Satzteil erwähnt die Freiheit von

Die Freiheit von körperlicher und psychologischer Einengung. Kein Gehorsam, keine Gängelung, keine Nötigung, keine Entwürdigung. Dieser Aspekt des Begriffs Freiheit hat sehr viel mit Würde zu tun.

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Freiheit des Handelns

Die Freiheit besteht darin, daß man alles
tun kann, was einem anderen nicht schadet.

― Matthias Claudius

Freiheit ist Freiheit und umschließt per se… alle (!) Möglichkeiten.

Andernfalls handelt es sich um was auch immer aber nicht um Freiheit.

  • Warum kennen wir z.B. „gute“ Taten und „schlechte“ Taten?
  • Warum gibt es so viel extreme Armut und solchen extremen Reichtum?
  • Warum kennen wir im menschlichen Miteinander Macht und Ohnmacht?

Weil: Anders als andere Wesen (z.B. die Tiere), kennt der Mensch die Freiheit.

Wir haben die Freiheit der Wahl.
Innerhalb dieser Freiheit sind wir zu allem fähig.

Verhalten wir uns so, daß wir anderen nicht schaden, kann das mindestens zwei Gründe haben:

A – Wir verhalten uns „richtig“ aufgrund einer von außen gesetzten, und damit die Freiheit einschränkenden Moral.
B – Wir verhalten uns „richtig“ aufgrund von Bewußtheit, bzw. un/über-persönlicher Empathie. In diesem
Fall schaden wir auch niemanden ― bleiben aber in Freiheit.

Moral bindet.
Bewußtheit und Empathie… nicht.

Moral  📌

Meinung ~ Überzeugung ~ Vorurteil

Meinung

Der Akademikergeist neigt immer dazu, an einmal
aufgenommenen Meinungen festzuhalten und sich
dabei als Hüter der Wahrheit vorzukommen.

– Henri de Saint-Simon

Modelle sind Vorstellungen von – durch unsere Sinne nicht wahrnehmbar – materiell Existentem. Sie sind als Annahmen abstrakt und immer als „vorläufig“ anzusehen.
 
Atommodelle sind jeweilige Vorstellungen von Gestalt und Bewegung kleinster „materieller“ Teilchen, die wir Atome nennen.
 
In unserer Wissenschaft kann man nicht ohne vorläufige Annahmen (Modelle) arbeiten/forschen. In der Physik kennt man derzeit an die zwanzig Atommodelle.
 
Unsere Meinungen sind ebenfalls Vorstellungs-Gebilde, die gesamt-gesellschaftlich verbreitet, psychologisch stützend dienen, indem sie vermeintlich eine gewisse Sicherheit geben. Wegen dieser unbewußt erhofften Sicherheit fällt es nicht leicht, sich die Dinge neu anzusehen und sich folgend von gewohnten Ansichten zu verabschieden.
 
Je geistig reifer ein Mensch, desto weniger Meinungen braucht er, um so weniger starr sind diese, desto schneller trennt er sich von ihnen. Für den reiferen Menschen gilt:

Meinung ist eine bloß provisorische
Annahme ohne Wahrheitscharakter.

Henri de Saint-Simon: „Der Akademikergeist neigt immer dazu, an einmal aufgenommenen Meinungen festzuhalten und sich dabei als Hüter der Wahrheit vorzukommen.“
 
Dem auf den hier verwiesenen Akademiker ist die Reputation bedeutend wichtiger als die Wahrheit. In diesem Fall offenbart er einen kindlichen Grad (2) seiner Geistigen Reife.
 
Meinungen sind starre
Verstandesk
onstrukte.

Auf einer Meinung beharren… ist ein bißchen dumm. Erst recht, wenn man meint, sie auch noch verteidigen zu müssen: Mit unseren Meinungen schneiden wir uns mutwillig und unnötig von der Intelligenz ab.

Die Wahrheit braucht nicht verteidigt zu werden. Sie wird erkannt.

Eine Vermutung haben… kommt der Wahrheit schon viel näher als: „eine Meinung vertreten“.

Mutmaßungen sind keine Anmaßungen; sie müssen nicht verteidigt werden.

Eine „vorläufige Meinung“ kommt einer Annahme nahe, einer Hypothese. Sie steht nicht gegen die Wahrheit, sie ist zeitlich begrenzt. Man weiß: Sie hat ein Verfallsdatum.

Die Meinung ist, so lange sie verteidigt wird, eine Erkenntnis-Blockade. Es ist das Ego, das gerne auf einer „festen Meinung“ besteht und sich damit selbst für wichtiger hält, als die Wahrheit.

Seinen Geist offen halten für das was ist,
schließt das Pflegen von Meinungen aus.

Einwand: „Manche Meinungen sind einfach falsch.“

Das ist so… nicht ganz richtig: Es ist das „Wesen“ von Meinungen, daß sie weder „richtig“, noch „falsch“ sein können. Dasselbe gilt auch für die Thesen:

Es gibt keine richtige und keine falsche These,
sondern nur ihre Aufhebung.. durch den Fakt.

Meinungen sind Glaubenssache und stehen als
solche in Korrelation zum jeweiligen Weltbild.

Weder gibt es richtige, noch gibt es falsche Glaubenssätze.

  • Wir alle haben ein Menschen-Bild,
  • die Meisten auch eine Art Gottes-Bild.
  • Einige haben ihre speziellen Feind-Bilder,
  • wieder andere noch ein bestimmtes Welt-Bild.

Dazu passend… fallen unsere Vorstellungen, festen Meinungen, Standpunkte und Glaubenssätze aus.

Einwand: „Wenn Meinungen nicht objektiven Tatsachen entsprechen, sind sie objektiv gesehen falsch.“

• Meinungen sind per definitionem subjektiver Natur.
• Objektiver Natur sind die unumstößlichen Tatsachen.

Meinungen sind (prinzipiell) temporärer Art, werden aber meist erst durch die Realität der Tatsachen überholt. Es sind subjektiv gestaltete Theorien und als solche Hilfs-Konstrukte… nicht notwendig identisch mit der Realität.

Einwand: „Man kann von „objektiv falschen Meinungen“ sprechen.

Nein, kann man nicht:

Es gibt keine „objektiv falsche Meinung“.
Es gibt keine objektive Meinung.
Es gibt keine falsche Meinung.
Es gibt aber auch keine richtige Meinung.

Die Meinung ist als solche… bloß eine Meinung. Mehr nicht. Nichts von Bedeutung.

• Tatsachen sind objektivierbar.
• Das „Meinen“ ist dagegen mit dem „Glauben“ verwandt.

Man versucht zwar auch, den Glauben zu objektivieren (siehe gemeinsam laut vorgetragenes Glaubensbekenntnis in den Kirchen), doch was der Einzelne tatsächlich glaubt, bleibt allen Anderen auf immer verborgen.

Wenn wir jemandem eine „objektiv falsche Meinung“ attestieren, sagen wir damit eigentlich: „Dein Glaube ist falsch und… meiner ist richtig“Die Illusion lautet:

• Der Andere GLAUBT (etwas Falsches)
• während ich (das Richtige) WEISS.

Das können wir so machen, hilft aber nicht weiter, solange wir nicht sehen können, daß es sich AUCH bei UNS bloß um ein Glaubenskonstrukt handelt.

Beispiel. Jemand sagt: „Es gibt kein Corona-Virus“. Ich kann ihn nicht vom Gegenteil überzeugen, weil ich selber kein Virologe bin und mir folglich nicht die fachlichen Erkenntnis-Module zur Verfügung stehen.

Im Gegensatz zu diesem Jemand halte ich die Existenz des Virus (mit seinen Auswirkungen) aufgrund einiger Indizien für wahrscheinlicher als seine Nicht-Existenz. Bin mir aber bewußt, daß wir beide (!) etwas nur glauben und nicht wissen.

Wenn wir nur genau genug hinsehen…, können
wir erkennen, daß wir mehr glauben als wissen.

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Überzeugung

Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen.

~ Friedrich Nietzsche

Der Mann hat Recht damit, denn eine Überzeugung ist der Lüge näher, als der Wahrheit. Lügen werden als solche erkannt, aber…

Überzeugungen sind nicht
erkannte… Unwahrheiten.

Die Wahrheit kann nicht einzementiert werden. Sie ist kein starres Objekt. Wer sagt, er habe „eine (feste!) Überzeugung„, sagt damit unausgesprochen, daß er nicht besonders an der Wahrheit interessiert ist, sondern vielmehr an  s e i n e r  Idee von etwas.

  • Lüge = ist eine in voller Absicht kommunizierte Unwahrheit.
  • Überzeugung = ist das starre Festhalten an einer  I d e e  von etwas.

Mit einer Lüge betrügt man andere,
mit einer Überzeugungsich selbst.

Für die Wahrheit müssen wir offen sein, in jedem einzelnen Moment. Sie ist lebendig – nicht statisch.

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Jeder Dumme ist fest überzeugt; und jeder Überzeugte ist dumm: Je irriger sein Urteil, desto größer sein Starrsinn.

~ Baltasar Gracián y Morales

An einer Überzeugung festzuhalten ist selbst gewählte Dummheit. „Den Dummen“ gibt es aber nicht. Dummheit ist ein temporäres Phänomen, das wir alle… recht gut kennen.

Eine Überzeugung zu haben,
ist Leugnung der Intelligenz.

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Vorurteil

Wer nicht gerne denkt, sollte wenigstens von Zeit zu Zeit seine Vorurteile neu gruppieren.

~ Luther Burbank

Der Luther provoziert bloß ein bißchen. Denn er weiß natürlich, daß das gar nicht geht, „Vorurteile neu gruppieren“. Wer Vorurteile neu gruppieren kann, kann auch gleich selber denken und braucht jene gar nicht (mehr).

Vorurteile sind dazu da,
Intelligenz zu blockieren.

Wir bilden sie uns aus Sicherheitsgründen; weil wir uns ohne sie halt ziemlich unsicher fühlen.

Die wenigen Freigeister, wie Luther Burbank, Thomas Alva Edison und andere kommen ganz gut ohne Vorurteile aus. Sie sind nicht daran interessiert, sich selbst den Geist zu verstellen. Sie erlauben sich, wie Immanuel Kant es kategorisch fordert, selber zu denken und nicht andere für sich denken zu lassen.

Damit steht diesen wenigen Menschen eine ganze Welt zur Verfügung, die wir anderen nur dem Wort nach kennen: Kreativität.

Sie unterscheiden sich (aber nicht wesentlich!) von uns. Sie zeigen bloß etwas mehr Mut: Sie können auf Vorurteile verzichten und geben sich die Erlaubnis, allein in den Dschungel der Kreativität vorzudringen und (ohne Berufung auf andere!) ihren Ideen und Eingebungen zu folgen.

Einwand: „Berühmte Persönlichkeiten seiner Zeit, wie z.B. Edison, besuchten ihn.“

Das hängt wohl mit der Verwandtheit zusammen. Freigeister sind in der Menge ziemlich einsam. Doch mit ihresgleichen können sie mal für kurze Zeit auf gleicher Schwingungsebene kommunizieren.

Einwand: „Ob Dummköpfe den Spott verstehen?“

Was ich nicht verstehe, verstehe ich nicht und es gibt sehr viel, das ich nicht verstehe. Ironie, Sarkasmus, Zynismus, Spott und Häme… gehören gerne mal dazu.

Außerdem gibt es keinen Dummkopf, der
immer bloß ein Dummkopf ist. So wie es
auch keinen Weisen gibt, der nur weise ist.

In Sachen Dummheit & Weisheit sind wir eher Mischwesen: Manchmal geben wir der einen Seite in uns den Vorzug, mal der anderen.

Also, machen wir uns ans Werk und…
gruppieren wir unsere Vorurteile neu.

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PS: Nein, wir brauchen nicht komplett auf das Vorurteil zu verzichten.
       Wir dürfen uns aber erlauben, es gelegentlich gegen ein aktuelleres auszutauschen. 😎

Präsenz

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Wer sich nicht auf der Schwelle des Augenblicks, alle Vergangenheiten vergessend, niederlassen kann, wer nicht auf einem Punkte wie eine Siegesgöttin ohne Schwindel und Furcht zu stehen vermag, der wird nie wissen, was Glück ist, und noch schlimmer: Er wird nie etwas tun, was andere glücklich macht.

– Friedrich Nietzsche